OFD Frankfurt, Verfügung v. 12.8.2011, S 2262 A - 9 - St 216
Das Wahlrecht der Ehegatten für eine Getrennt- oder Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer wird in der Insolvenz eines Ehegatten durch den Insolvenzverwalter und im vereinfachten Insolvenzverfahren durch den Treuhänder ausgeübt, vgl. BGH-Urteil vom 24.5.2007, IX ZR 8/06 (BFH/NV Beilage 2007 S. 459). Der Insolvenzverwalter bzw. der Treuhänder übt das Wahlrecht des Insolvenzschuldners gemäß § 26 Abs. 2 EStG nach § 80 Abs. 1 InsO i.V.m. § 34 Abs. 1 und 3 AO aus.
Der Bundesfinanzhof hat die BGH-Rechtsprechung durch nicht veröffentlichten Beschluss vom 22.3.2011, III B 114/09 als zutreffende Fortentwicklung der BFH-Rechtsprechung erneut bestätigt. Er führt aus, dass es ständiger Rechtsprechung des BFH entspreche, dass das Veranlagungswahlrecht beim Tod eines Ehegatten auf den oder die Erben übergeht (Senatsurteil in BFHE 218 S. 281, BStBl 2007 II S. 770, m.w.N.). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass dieses Wahlrecht kein höchstpersönliches und damit ein vererbliches Recht ist (BFH-Urteile vom 29.10.1963, VI 266/61 U, BFHE 77 S. 754, BStBl 1963 III S. 597; vom 15.10.1964, VI 175/63 U, BFHE 81 S. 236, BStBl 1965 III S. 86).
Der BFH erachtet darüber hinaus die Wahl eines Ehegatten auf getrennte Veranlagung nur dann als unwirksam, wenn dafür keine wirtschaftlich verständlichen und vernünftigen Gründe vorliegen und der Antrag als willkürlich erscheint (z.B. BFH-Beschluss vom 7.2.2005, III B 101/04, BFH/NV 2005 S. 1083). In einem Insolvenzverfahren können jedoch solche Gründe vorliegen. Die Wahl auf getrennte Veranlagung entspricht dem Zweck des § 80 Abs. 1 InsO, die Insolvenzmasse möglichst ungeschmälert zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu erhalten.
Ferner erlaubt § 26 EStG eine grundsätzlich freie Ausübung des Wahlrechts. Die Zustimmung auf Zusammenveranlagung ist im Besteuerungsverfahren auch nicht erzwingbar (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005 S. 1083). Hingegen enthält § 1353 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine Regelung, die den durch Art. 6 Abs. 1 GG vorgegebenen Schutz von Ehe und Familie näher gestaltet. Aus dieser Bestimmung kann sich ein vor den Zivilgerichten einklagbarer Anspruch des Ehegatten gegenüber dem anderen auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung ergeben, der sich in der Insolvenz eines Ehegatten gegen dessen Insolvenzverwalter richtet (BGH-Urteil vom 18.11.2010, IX ZR 240/07, DStR 2011 S. 277).
Normenkette
EStG § 26 Abs. 2;
InsO § 80 Abs. 1;
AO 1977 § 34