Leitsatz
Es ist nicht zu beanstanden, wenn der geringer verdienende Ehegatte einen Antrag auf Aufteilung einer Einkommensteuerschuld stellt.
Sachverhalt
Die Klägerin wurde in den Jahren 1999 bis 2002 mit ihrem Ehemann zunächst zusammen veranlagt. Im Jahr 2002 trennten sie sich. In den Jahren 2001 und 2002, die hier umstritten waren, erzielte die Klägerin erheblich höhere Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als der Ehemann. Für die Jahre 2001 und 2002 ergaben sich dabei Nachzahlungen i. H. v. jeweils rd. 200 EUR. Nachdem die Beträge in 2006 noch offen waren, kam es zur Vollstreckung. Im Vollstreckungsverfahren beantragte der Ehemann die Aufteilung der Gesamtschuld. Diese führte das Finanzamt durch und erließ Aufteilungsbescheide. Hierdurch ergaben sich für den Ehemann Erstattungen, während die Klägerin nunmehr Nachzahlungen von insgesamt rd. 3.500 EUR zu leisten hatte. Gegen die Aufteilungsbescheide legte die Klägerin Einspruch und nach Abweisung Klage ein. Sie führte vor allem aus, der Aufteilungsantrag ihres (ehemaligen) Ehemanns habe gegen § 226 BGB (Schikaneverbot) verstoßen. Ferner verstoße es gegen die Rechtsprechung des BFH, dass derjenige, der Geringverdiener sei, einen Antrag auf getrennte Veranlagung stelle.
Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Das Finanzamt habe, so das Gericht, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zur Aufteilung einer Gesamtschuld gehandelt. Die Zuordnung der einbehaltenen Lohnsteuer sei gemäß § 276 Abs. 3 AO zutreffend erfolgt. Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des BFH sei nicht einschlägig, da diese nur den Antrag auf Zusammenveranlagung betreffe, nicht aber die Aufteilung einer Gesamtschuld. Ein Verstoß gegen § 226 BGB sei nicht ersichtlich. Die Rücknahme des Antrags auf Aufteilung der Gesamtschuld sei vor den Zivilgerichten durchzusetzen.
Hinweis
Die Entscheidung behandelt einen sehr praxisrelevanten Sachverhalt. Nach einer Ehescheidung besteht eine Einkommensteuerschuld, die vollstreckt werden soll. In dieser Situation beantragt der ehemalige Ehegatte, der geringere Einkünfte hatte, die Aufteilung der Gesamtschuld, um der Vollstreckung zu entgehen. Dies führte im Sachverhalt dazu, dass es bei dem Antragsteller sogar zu einer Erstattung kam, während sich die Nachzahlung beim Besserverdienenden erhöhte. Das FG Berlin-Brandenburg sah hierin kein Rechtsproblem, da der BFH zwar entschieden hat, dass u. U. die Wahl einer Veranlagungsart nach § 242 BGB (Treu und Glauben) unzulässig sein kann (vgl. Seeger, in Schmidt, EStG, § 26 EStG Tz. 27 m.w.N), doch gelte diese Rechtsprechung nicht für den Fall der Aufteilung einer Gesamtsschuld. Allerdings sind bei der Aufteilung der Gesamtsschuld zwei fiktive getrennte Veranlagungen (vgl. Schwarz, AO, § 270 AO Tz. 6) durchzuführen, so dass das Ergebnis des FG Berlin-Brandenburg nicht zwingend erscheint. Dies scheint auch das Gericht so gesehen zu haben, denn es ließ die Revision zu.
Die Entscheidung ist vorläufig nicht bestandskräftig. Das Finanzgericht ließ die Revision zum BFH nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aus Gründen der Fortbildung des Rechts zu.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2009, 7 K 7453/06 B