Leitsatz
Anträge einer Personengesellschaft auf Investitionszulage haben deren "besonders Beauftragte" zu unterschreiben. Als "besonders Beauftragter" einer GmbH & Co. KG kommt neben der Komplementär-GmbH – vertreten durch ihren Geschäftsführer als gesetzlichen Vertreter – auch ein Kommanditist in Betracht, dem die Wahrnehmung der steuerlichen Vertretung der KG wirksam übertragen wurde.
Normenkette
§ 6 InvZulG, § 34, § 35, § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, betreibt im Fördergebiet ein Hotel. Die von ihr für 1994 und 1995 beantragte Investitionszulage setzte das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Der Außenprüfer ermittelte 1998, dass die Anträge nicht von der einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH, sondern von deren Ehemann unterzeichnet worden waren. Dieser ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Kommanditist der Klägerin sowie Gesellschafter der Komplementär-GmbH und führte die Geschäfte, war aber aus standesrechtlichen Gründen gehindert, sich zum GmbH-Geschäftsführer bestellen zu lassen. Mangels eigenhändiger Unterschrift setzte das FA die Zulage auf null herab.
Das FG wies die Klage ab (Hessisches FG, Entscheidung vom 08.06.2006, 9 K 3941/04). Es führte aus, die eigenhändige Unterschrift hätte von der Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH geleistet werden müssen. Eine Bevollmächtigung des Ehemanns genüge nicht, dieser habe auch nicht wegen Verhinderung der Geschäftsführerin unterzeichnen dürfen (§ 150 Abs. 3 AO).
Entscheidung
Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und zurückverwiesen, damit geklärt wird, ob dem Ehemann – allein oder neben der Komplementär-GmbH – die Wahrnehmung der steuerlichen Vertretung der Klägerin wirksam übertragen wurde. Das FG hatte die steuerliche Vertretung der klagenden GmbH & Co. mit der einer GmbH gleich gesetzt und übersehen, dass der Ehemann als weiterer Geschäftsführer der KG i.S.v. § 34 Abs. 1 S. 1 AO und "besonders Beauftragter" in Betracht kam.
Hinweis
1. Anträge auf Investitionszulage müssen eigenhändig – höchstpersönlich – unterzeichnet werden; die Unterschrift eines Bevollmächtigten genügt nicht (§ 6 Abs. 2 InvZulG 2007). Dies trifft zwar auf Steuererklärungen ebenfalls zu (z.B. § 25 Abs. 3 S. 4 EStG), spielt dort aber seit Abschaffung des fristgebundenen LSt-Jahresausgleichs nur eine geringe Rolle – die fehlende Unterschrift wird das FA kaum vom Erlass eines Bescheids abhalten.
2. Investitionszulage wird regelmäßig unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt. Da der Antrag unter dem InvZulG 1996 bis zum 30.09. des Folgejahrs gestellt werden musste (seit dem InvZulG 1999 gilt die allgemeine Festsetzungsfrist), ermittelte das FA mitunter erst bei einer späteren Prüfung, dass er nicht eigenhändig unterzeichnet worden war. War es für eine Nachholung zu spät, so forderte es die InvZul zurück (BFH, Beschluss vom 31.01.2007, III B 168/05, BFH/NV 2007, 977, m.w.N. – Unterschrift der Ehefrau).
3. Kapitalgesellschaften haben den Antrag durch das zuständige Organ (Geschäftsführer oder Vorstand) unterschreiben zu lassen; die Unterschrift etwa eines Prokuristen genügt nicht.
4. Die steuerlichen Pflichten von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen – dazu gehört auch eine GmbH & Co. KG – haben nach § 34 Abs. 1 AO deren Geschäftsführer zu erfüllen. Der Begriff "Geschäftsführer" ist dabei nicht i.S.v. §§ 709 ff. BGB oder §§ 114 ff., 163 f. HGB zu verstehen, sondern meint die Personen, welche die Geschäfte der Personenvereinigungen tatsächlich führen. Steuerlich vertreten werden sie gem. § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO von besonders Beauftragten. Dies sind Personen, die nicht zu den gesetzlichen Vertretern natürlicher oder juristischer Personen gehören, sondern die Geschäftsführer i.S.v. § 34 Abs. 1 S. 1 AO sowie diejenigen, die nach § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AO die entsprechenden Pflichten zu erfüllen haben.
5. Eine GmbH & Co. KG kann danach im Steuerverfahren sowohl durch ihre handelsrechtlich zur Vertretung und Geschäftsführung befugte Komplementär-GmbH als besonders Beauftragte i.S.v. § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO vertreten werden, diese wiederum gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer, als auch durch andere Personen, die ihre Geschäfte als besonders Beauftragte tatsächlich führen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.10.2008 – III R 107/07