Leitsatz
Eine Rückstellung für die Verpflichtung einer GmbH, einer Schwestergesellschaft die von dieser geleisteten Mietzahlungen nach den Grundsätzen der eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung zu erstatten, führt zu einer vGA.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG, § 31, § 32a, § 32b GmbHG
Sachverhalt
Die GmbH I hatte 1995 ein Grundstück erworben, das bereits seit 1991 an eine GmbH II vermietet war. Das Mietverhältnis wurde mit einer festen Laufzeit bis Juli 1997 übernommen. Beherrschender Gesellschafter beider GmbHs war X.
Die GmbH II zahlte die Mietzinsen für das Grundstück noch bis November 1995. Im Dezember 1995 beantragte sie die Eröffnung des Vergleichsverfahrens und im Mai 1996 die Eröffnung des Konkursverfahrens. Letzteres wurde Mitte 1996 eröffnet. Die GmbH II hatte schon vor 1995 erhebliche Verluste erlitten. Zur Insolvenz hatte dies nur deshalb nicht geführt, weil X diverse Gesellschafterhilfen geleistet hatte.
In der Folge machte der Konkursverwalter gegenüber X schriftlich und teilweise auch gerichtlich Ansprüche wegen nicht wirksam eingezahlter Stammeinlagen von mehr als 7 Mio. DM sowie Ansprüche u.a. wegen der Erstattung von Mietzahlungen geltend, die von der GmbH II geleistet worden waren. Im Jahr 2004 verpflichtete sich X gegenüber dem Konkursverwalter zur Zahlung eines Vergleichsbetrags. Mit dem Vergleich sollten auch etwaige Ansprüche gegen die Gesellschaften, an denen X beteiligt war, abgegolten sein.
Die GmbH I bildete in ihrer Bilanz zum 31.01.1996 wegen drohender Ansprüche des Konkursverwalters der GmbH II eine Rückstellung von rd. 1,9 Mio. DM.
Das FA erkannte die Rückstellung an, rechnete dem Ergebnis der GmbH I jedoch für das Streitjahr den gleichen Betrag als vGA zu. Die drohenden Ansprüche des Konkursverwalters seien allein durch das Gesellschaftsverhältnis zu X veranlasst gewesen.
Das daraufhin angerufene FG folgte demgegenüber in der Sache der GmbH I (FG Münster, Urteil vom 03.11.2006, 9 K 1100/03 K, F, Haufe-Index 1700147, EFG 2007, 539).
Entscheidung
Der BFH folgte dem nicht:
Der gegenüber der GmbH I über die Person des X "verlängerte" Erstattungsanspruch richte sich allein nach Kapitalersatzrecht und sei folglich zumindest gesellschaftlich mitveranlasst, was für die Annahme einer vGA genüge.
Die Überlegungen des FG, dass der GmbH I keine anderweitigen Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, das Grundstück sinnvoll zu vermieten, änderten daran nichts. Das Fortbestehen des Mietverhältnisses trotz der wirtschaftlichen "Schieflage" der GmbH II möge dadurch aus betriebswirtschaftlicher Sicht erklärbar werden. Es bleibe ja auch dabei, dass die Leistung der Mietzinsen durch die GmbH II insoweit schuldtilgend sei. Das alles ändere indes nichts daran, dass der daraus entstehende Rückerstattungsanspruch ein solcher sei, der im Gesellschaftlichen wurzle.
Hinweis
Das Urteil verdeutlicht die teilweise enormen Schwierigkeiten, die wechselwirkend zwischen Gesellschaftsrecht im Allgemeinen und hierbei Eigenkapitalersatzrecht im Besonderen einerseits und daraus abzuleitenden steuerlichen Konsequenzen andererseits bestehen:
1. Handels- und steuerbilanziell sind Darlehen von Gesellschaftern, die nach § 30 GmbHG einem Auszahlungsverbot unterliegen, grundsätzlich als Fremdkapital zu bilanzieren. Die Passivierungspflicht der Kapitalgesellschaft endet erst dann, wenn der Gesellschafter auf das Darlehen verzichtet.
Gleiches gilt für die darauf entfallenden Zinsen. Auch deren Auszahlung unter Verstoß gegen §§ 30, 31 GmbHG zieht deshalb nicht zwingend eine vGA nach sich, weil dadurch lediglich eine Verbindlichkeit in zivilrechtlich wirksamer Weise erfüllt wird.
2. Eine abweichende Einschätzung rechtfertigt sich nach bisheriger Sichtweise nur für den Fall, dass der verzinslichen Darlehensforderung eine noch nicht erfüllte Einlageverpflichtung gegenübersteht; darauf entfallende Zinsen sind vGA.
Dass ein Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG nur gegen Gesellschafter der GmbH, nicht aber gegen Dritte denkbar ist, widerspricht dem nicht; der Fremdvergleich ist insoweit zu substituieren.
3.Ausnahmsweise kann es sich anders verhalten, wenn die Forderung gegen den Gesellschafter von vornherein uneinbringlich und deswegen ohnehin wertzuberichtigen ist, oder wenn der Gesellschafter sich nicht in Zahlungsverzug befindet. Im letzteren Fall scheidet eine vGA selbst dann aus, wenn die Kapitalgesellschaft anstelle der zu erstattenden Rückzahlung Fremdmittel aufnimmt und diese verzinst.
4. Lässt der Gesellschafter die auf schuldrechtlicher Ebene vereinbarte Gebrauchsüberlassung während der andauernden Krise bei der notleidenden Gesellschaft stehen, dann erfolgt die Umqualifizierung in funktionales Eigenkapital; ein vereinbartes Nutzungsentgelt darf in diesem Zeitraum nicht eingefordert werden. Gegen diese Durchsetzungssperre verstoßende Zahlungen der notleidenden Gesellschaft sind dieser entweder gem. § 32b S. 1 GmbHG oder nach den sog. Rechtsprechungsgrundsätzen des BGH zum Eigenkapitalersatz entsprechend § 31 GmbHG zu ers...