Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Beschäftigt ein Ingenieur Arbeitnehmer, die einen Großteil seiner beruflichen Arbeit selbstständig ohne seine Beteiligung erledigen, ist er nicht mehr eigenverantwortlich und damit freiberuflich tätig, sondern gewerblich.
Sachverhalt
Eine Sozietät aus zwei Prüfingenieuren führte unter anderem Hauptuntersuchungen für Kfz durch. Sie beschäftigte drei weitere Prüfingenieure, die den weit überwiegenden Teil der Aufträge, nämlich 7.965 von insgesamt 9.276 Aufträgen, eigenverantwortlich ohne Beteiligung der Gesellschafter durchführten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Gesellschafter seien nicht mehr, wie vom Gesetz (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG) gefordert, eigenverantwortlich tätig. Ihre Einkünfte seien als gewerblich anzusehen und der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Die Sozietät wandte ein, die Prüfungstätigkeit sei gesetzlich streng reglementiert; sie müsse von dem jeweiligen Prüfer persönlich und eigenverantwortlich durchgeführt werden.
Entscheidung
Das Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an. Dass die Gesellschafter der Sozietät durch die gesetzlichen Vorgaben gehindert seien, auf die von ihren Arbeitnehmern durchgeführten Prüfungen entscheidend Einfluss zu nehmen, ändere Nichts an den steuerlichen Anforderungen. Dass die Sozietät die Prüfgeräte zur Verfügung stelle, genüge insoweit ebenso wenig wie die geltend gemachte, stichprobenartige Kontrolle der Mitarbeiter. Es fehle die von der Rechtsprechung geforderte höchstpersönliche, individuelle Arbeitsleitung gegenüber dem Abnehmer der Leistung. Das Finanzgericht lässt offen, ob eine andere Beurteilung möglich wäre, wenn die Gesellschafter jedes Prüfprotokoll selbst unterzeichnen würden.
Hinweis
Solange der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur Frage der eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht zugunsten der Freiberufler lockert, lässt sich der freiberufliche Charakter der Tätigkeit bei der Beschäftigung freiberuflicher Fachkräfte oft nur dadurch retten, dass diese Fachkräfte nicht als Arbeitnehmer beschäftigt, sondern als Gesellschafter beteiligt werden. Die Einstufung als gewerblich belastet die Sozietät nicht nur mit Gewerbesteuer, soweit diese nicht durch die pauschale Anrechnung ausgeglichen wird. Teurer wird es oft, wenn eine gewerblich tätige Gesellschaft bei entsprechenden Umsätzen und Gewinnen zur Buchführung verpflichtet ist.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 24.02.2016, 2 K 1479/15