Leitsatz

Bei der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung ist hinsichtlich der Wertgrenzen des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG auch dann auf den Einheitswert vom letzten Feststellungszeitpunkt abzustellen, wenn dieser betragsmäßig zugunsten des Steuerpflichtigen fehlerhaft, nämlich zu niedrig, war und nur deshalb die Wertgrenze überschritten worden ist.

 

Normenkette

§ 22 Abs.1 Nr. 1 BewG , § 22 Abs. 3 Satz 1 BewG , § 22 Abs. 4 Satz 2 BewG

 

Sachverhalt

Der Einheitswert eines Zweifamilienhauses war zunächst auf den 1.1.1974 auf 67 100 DM festgestellt worden. Nach Wegfall der Grundsteuerbegünstigung erfolgte eine Wertfortschreibung auf den 1.1.1981 auf 59 600 DM. Dabei war bei der Schätzung der Jahresrohmiete entsprechend der damaligen Verwaltungspraxis von der üblichen Miete für grundsteuerbegünstigten Wohnraum ausgegangen worden.

Nachdem der BFH entschieden hatte, auszugehen sei von der üblichen Miete für nicht grundsteuerbegünstigten Wohnraum, erhöhte das FA den Einheitswert auf den 1.1.1995 durch fehlerbeseitigende Fortschreibung auf 69 100 DM.

Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt und minderte den Einheitswert auf den 1.1.1995 auf 67 100 DM. Nach seiner Ansicht hätte das FA lediglich die fehlerhafte Fortschreibung auf den 1.1.1981 für die Zukunft beseitigen dürfen. Eine weitere Erhöhung des Einheitswerts sei unzulässig, weil hinsichtlich des Einheitswerts auf den 1.1.1974 die Fortschreibungsgrenzen nicht überschritten seien und das FA bezüglich der Fortschreibungsgrenzen nicht von dem zwischenzeitlichen, fehlerhaften Einheitswert auf den 1.1.1981 profitieren dürfe.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH führte aus, ob die Wertfortschreibungsgrenzen überschritten sind, richtet sich ausschließlich nach dem zuletzt festgestellten Einheitswert. Das gilt unabhängig davon, ob er materiell-rechtlich zutreffend war oder nicht. Damit gilt dies auch für eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung, und zwar ohne betragsmäßige Beschränkung auf einen früheren zutreffenden Einheitswert.

 

Hinweis

Ein fehlerhaft zu niedrig festgestellter Einheitswert kann in der Zukunft insofern von Nachteil sein, als bei einer späteren Wertfortschreibung zuungunsten des Steuerpflichtigen die Fortschreibungsgrenzen früher überschritten sind. Dieser Nachteil kann den Vorteil des zu niedrigen Einheitswerts übersteigen, wenn etwa Letzterer nur kurze Zeit Bestand hat, der fortgeschriebene Einheitswert aber längere Zeit in Kraft bleibt.

Einer Manipulation des FA durch absichtliches Schaffen einer zu niedrigen Ausgangsbasis für die Bestimmung der Wertgrenzen wäre nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu begegnen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.2.2002, II R 18/00

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