Leitsatz
Wesen einer schriftstellerischen Tätigkeit ist es, eigene Gedanken mit Mitteln der Sprache schriftlich niederzulegen, die in dieser Form für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Es kommt weder auf eine bestimmte Qualität der Darlegungen an, noch ist die Anwendung besonderen Wissens erforderlich. Ein technischer Redakteur, der Anleitungen zum Umgang mit technischen Geräten oder Maschinen verfasst, übt danach insgesamt eine schriftstellerische, freiberufliche Tätigkeit aus und ist kein Gewerbetreibender.
Sachverhalt
Ein staatlich geprüfter Maschinenbautechniker mit anschließender firmeninternen sechsmonatigen Ausbildung zum "technischer Redakteur" im Bereich der Marinetechnik übernahm in einem Logistikunternehmen den Aufbau einer Abteilung "Grafische Dokumentation", die er bis 1988 leitete. In dieser Funktion erstellte er ein Systemhandbuch für die Antriebsanlage eines Marineschiffs und bildete Mitarbeiter zu technischen Redakteuren aus. Anschließend übte er eine einjährige Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH aus, die unter anderem Ersatzteilkataloge entwarf. Im Jahre 1989 machte sich der Kläger selbstständig und übernahm allein oder im Rahmen eines Teams vorwiegend technische Dokumentationsarbeiten (z.B. Erstellung von Handbüchern und Montageanleitungen sowie Schulungsunterlagen). Die Finanzverwaltung behandelte die Einkünfte ab der Selbständigkeit als solche aus Gewerbebetrieb und erließ entsprechende Gewerbesteuermessbescheide. Nach erfolgslosem Einspruch wurde die anschließende Klage durch das Urteil des Einzelrichters ohne mündliche Verhandlung abgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Nach Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ließ der BFH (BFH, Beschluss v. 11.12.2000, IV B 67/00) die Revision zu. Auf die Revision des Klägers hob der BFH (BFH, Urteil v. 25.4.2002, IV R 4/01, BStBl 2002 II S. 47) das Urteil des Finanzgerichts Bremen auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Entscheidung
In der Begründung des Urteils ist ausgeführt, dass nach dem substantiierten Vorbringen des Klägers die Tätigkeit eines technischen Redakteurs nicht ohne weiteres als nicht mit dem Ingenieurberuf vergleichbar angesehen werden könne. Der BFH führt weiterhin aus, dass das FG außerdem der Frage hätte nachgehen müssen, ob der Kläger nicht ganz oder teilweise dadurch freiberufliche Einkünfte bezogen habe, dass er schriftstellerisch im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG tätig geworden sei. Schriftstellerisch tätig werde nach der Rechtsprechung derjenige Steuerpflichtige, der seine Gedanken mit den Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlege. An die Voraussetzung, dass eigene Gedanken ausgedrückt werden, seien dabei keine besonderen Anforderungen zu stellen. Es reiche aus, dass bei der Erstellung eines Vorschriftensuchregisters Stichworte vergeben würden und der zu verarbeitende Rechtsstoff diesen zugeordnet würde. Eine schriftstellerische Tätigkeit sei auch darin zu sehen, dass ein Software-Lernprogramm entwickelt und das Drehbuch zu einem Videofilm über die Bedienung eines Computers geschrieben werde. Von einer solchen Tätigkeit unterscheide sich diejenige eines technischen Redakteurs nicht wesentlich, wenn er Anleitungen zum Umgang mit technischen Geräten auf der Grundlage ihm mitgeteilter Daten verfasse und sich der erstellte Text als eine eigenständige gedankliche Leistung darstelle.
Der Kläger hat freiberufliche Einkünfte dadurch bezogen, dass er insgesamt schriftstellerisch im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG tätig geworden ist.
Hinweis
Schriftstellerisch tätig wird nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) derjenige Steuerpflichtige, der eigene Gedanken mit den Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BFH, Urteil v. 25.4.2002, IV R 4/01, BStBl 2002 II S. 475).
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 11.06.2003, 2 K 324/02