Leitsatz

Wird ein Vertrag aus Kaufvertrag bezeichnet und enthält er keinerlei Regelungen zu den üblichen Fragen einer Schadensregulierung, handelt es sich um ein Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 EStG und nicht um eine nicht steuerbare Rückabwicklung des ursprünglichen Anschaffungsgeschäfts.

 

Sachverhalt

Die Kläger hatten sich in den Jahren 1997 und 1998 an zwei vermögensverwaltenden Personengesellschaften beteiligt, deren Gesellschaftszweck im Erwerb, der Errichtung, Vermietung und Verwertung von Immobilien bestand. Da die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaften nicht den Erwartungen der Kläger entsprach, schlossen sie im Jahr 2006 einen als Kauf- und Übertragungsvertrag mit einer mit dem damaligen Initiator verbundenen GmbH "wegen irreparabler Vertragsstörungen" ab, der die entgeltliche Übertragung der Gesellschaftsanteile zum Gegenstand hatte. Die Kläger behandelten diesen Vertrag als Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags, während das Finanzamt eine Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist annahm und den erzielten Gewinn nach § 23 Abs. 1 EStG versteuerte.

 

Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen. Der Beitritt der Kläger zu den vermögensverwaltenden Personengesellschaften sei wirtschaftlich als Anschaffung unmittelbarer Beteiligungen an diesen Gesellschaften zu sehen. Somit gelte dieser Beitritt nach der gesetzlichen Fiktion des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG zugleich als Anschaffung der anteilig im Eigentum der Gesellschaften stehenden Grundstücke. Die Anteilsübertragungen im Jahr 2006 unterliegen als private Veräußerungsgeschäfte i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der ESt. Es handele sich um eine Veräußerung und nicht um eine bloße Rückabwicklung des Anschaffungsgeschäfts.

Zur Rückabwicklung einer Veräußerung werden üblicherweise Schadensersatzansprüche als auch Ansprüche auf Widerruf geltend gemacht. Da solche Regelungen in den angeschlossenen Verträgen nicht hinreichend enthalten waren, fehlen diesen Verträgen nach Auffassung des Finanzgerichts wesentliche Elemente, die für eine bloße Rückabwicklung der ursprünglichen Anschaffungsgeschäfte im Rahmen eines nicht marktoffenen Vorgangs sprechen könnten. Mache ein Anleger z. B. einen Schadensersatz geltend, seien darauf neben der vom Anleger Zug um Zug anzubietenden Kapitalanlage selbst alle sonstigen Vorteile, die der Anleger aus der Kapitalanlage erlangt hat, etwa Mieteinnahmen oder Ausschüttungen, nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung anzurechnen. Grundsätzlich seien auch Steuervorteile, die dem Anleger endgültig verbleiben, auf den Schadensersatz anzurechnen. Der Schadensersatz umfasse auch den entgangenen Gewinn, wozu etwa entgangene Anlagezinsen gehören.

 

Hinweis

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: IX R 45/14). Rechtsbehelfe in vergleichbaren Fällen ruhen deshalb nach § 363 AO.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.10.2014, 2 K 2085/11

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