Leitsatz
1. Wird nach dem Tod des Gesellschafters einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft ein Streit darüber, wer infolge seiner Stellung als Erbe Gesellschafter geworden ist, durch einen Vergleich beigelegt, aufgrund dessen jemand gegen Erhalt eines Geldbetrags auf die Geltendmachung seiner Rechte als Erbe verzichtet, und war diese Person gesellschaftsrechtlich nicht von der Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil ausgeschlossen, steht sie einem Miterben gleich, der im Rahmen einer Erbauseinandersetzung aus der Personengesellschaft ausscheidet.
2. Die Abfindung führt in einem solchen Fall zu einem tarifbegünstigten Gewinn, der im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus der Personengesellschaft festgestellt wird.
Normenkette
§ 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, § 60 Abs. 3, § 68, § 118 Abs. 2 FGO, § 177 HGB, § 133, § 157 BGB
Sachverhalt
Nach dem Tod einer Kommanditistin entstand Streit darüber, wer im Testament zum Erben bestimmt war. In einem gerichtlichen Vergleich einigten sich die Streitenden darüber, wer Erbe sein sollte. Die nicht zum Zuge kommenden Personen erhielten von den dann als Erbe behandelten Personen Abfindungen. Das FA behandelte die Abfindungen wie Erlöse aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils und bezog alle Beteiligten in die Gewinnfeststellung für die KG ein.
Hiergegen erhoben Abfindungsempfänger Klage mit dem Ergebnis, dass das FG ihnen gegenüber die Gewinnfeststellung aufhob (FG Münster, Urteil vom 19.1.2010, 1 K 2093/07 F, Haufe-Index 2367696, EFG 2010, 918). Die dagegen nun von den Erben eingelegte Revision führte zur Zurückverweisung des Verfahrens an das FG.
Entscheidung
Die Auseinandersetzung der potenziellen Erben sei ungeachtet ihrer Rückwirkung auf den Todestag steuerlich anzuerkennen. Sie stehe einer Auseinandersetzung von Miterben gleich. Die gegen Abfindung ausscheidenden Gesellschafter erzielten in derartigen Fällen einen Anteilsveräußerungsgewinn, der in der Gewinnfeststellung für die Gesellschaft zu erfassen sei. Bei potenziellen Erben könnten diese Grundsätze aber nur für solche Personen gelten, die gesellschaftsrechtlich Gesellschafter hätten werden können. Dazu seien noch weitere Feststellungen zu treffen.
Hinweis
1. Setzen sich Miterben eines Personengesellschafters auseinander, erzielen die gegen Abfindung auf ihre Gesellschafterstellung verzichtenden Erben einen Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dieser Gewinn ist tarifbegünstigt und jeder Gesellschafter kann die Inanspruchnahme des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG wählen, soweit er die dortigen Voraussetzungen erfüllt. Dies ist seit einem BFH-Urteil vom 14.3.1996, IV R 9/95 (Haufe-Index 66021, BStBl II 1996, 310) nicht mehr streitig.
2. Der hier entschiedene Fall lag ähnlich, wies aber die Besonderheit auf, dass unklar war, ob die Abgefundenen überhaupt hätten Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil werden können. Das hing von der betreffenden Regelung im Gesellschaftsvertrag ab, über die das FG noch keine Feststellungen getroffen hatte.
Der BFH meinte, dass die Handhabung unterschiedlich sein müsse, je nachdem, ob ein Abgefundener hätte Gesellschafter werden können oder nicht. Denn wer nicht Gesellschafter sein kann, kann in einem solchen Fall auch nicht einem ausscheidenden Mitunternehmer gleichgestellt werden. Die von ihm bezogene Abfindung ist folglich nicht wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu behandeln.
3. Deshalb muss im entschiedenen Fall nun zunächst geklärt werden, wer als Erbe der Kommanditistin Gesellschafter hätte werden können. Nach den heutigen dispositiven Regeln des Handelsrechts würde die Gesellschaft mit allen Erben fortgesetzt (§ 177 HGB). Im Gesellschaftsvertrag können abweichende Regelungen getroffen werden, etwa die Bestimmung eines bestimmten Rechtsnachfolgers oder aber auch den Ausschluss der Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.5.2013 – IV R 15/10