Wird die Sacheinlage dagegen zum gemeinen Wert angesetzt (Regelfall, wenn kein Antrag gestellt wird), ergibt sich Folgendes, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:
Ansatz gemeiner Wert
Einzelunternehmer A will das Besitz-Unternehmen ab dem 1.1.2022 in die A-GmbH (Stammkapital bisher 25.000; Stammkapitalerhöhung 50.000 EUR) einbringen. Die Anschaffungskosten der Anteile an der A-GmbH belaufen sich auf 25.000 EUR.
Setzt die übernehmende GmbH die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebs mit dem gemeinen Wert an, so treten die Steuerfolgen einer normalen Veräußerung des Einzelunternehmens ein. Die Eröffnungsbilanz der A-GmbH zeigt (vereinfacht) folgendes Bild:
Eröffnungsbilanz der A-GmbH zum 1.1.2022 |
Anlagevermögen bisher |
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10.000 EUR |
Gez. Kapital bisher |
25.000 EUR |
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Anlagevermögen neu |
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400.000 EUR |
Gez. Kapital neu |
550.000 EUR |
575.000 EUR |
Umlaufvermögen bisher |
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90.000 EUR |
Verbindlichkeiten bisher |
75.000 EUR |
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Umlaufvermögen neu |
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30.000 EUR |
Verbindlichkeiten neu |
180.000 EUR |
255.000 EUR |
Firmenwert |
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300.000 EUR |
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830.000 EUR |
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830.000 EUR |
In Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des übertragenen Vermögens (= 550.000 EUR) und dem Buchwert (Kapitalkonto des Einzelunternehmens = 50.000 EUR) entsteht für A ein einkommensteuerpflichtiger Veräußerungsgewinn gem. § 16 EStG i. H. v. 500.000 EUR. Von dem Veräußerungsgewinn, der nicht der Gewerbesteuer unterliegt, kann gem. § 20 Abs. 4 UmwStG grundsätzlich der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG i. H. v. maximal 45.000 EUR abgezogen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wird allerdings im vorliegenden Fall wegen Überschreitens des schädlichen Betrags von 136.000 EUR auf 0 EUR gekürzt. Etwaige Umwandlungskosten, die hier aus Vereinfachungsgründen mit 0 EUR angenommen werden, mindern den Veräußerungsgewinn. Die Anschaffungskosten der im Zuge der Einbringung erhaltenen GmbH-Anteile betragen gem. § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 550.000 EUR.
Die Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG kommt nach § 20 Abs. 4 UmwStG zur Anwendung. Bis zu einem Veräußerungsgewinn von 5 Mio. EUR kann – unter den dort genannten Voraussetzungen – auch die Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG beantragt werden. Die Besteuerung nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG ist nur anzuwenden, soweit der Veräußerungsgewinn nicht nach § 3 Nr. 40 Satz 1 i. V. m. § 3c Abs. 2 EStG teilweise steuerbefreit ist.
Bei der Einbringung zum gemeinen Wert ist zu beachten, dass ein vorhandener selbst geschaffener Geschäfts- oder Firmenwert angesetzt werden muss.
Die im Zuge der Einbringung neu erhaltenen GmbH-Anteile stellen für A eine Beteiligung i. S. v. § 17 EStG dar, deren spätere Veräußerung ggf. zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG führt, der dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Satz 1 i. V. m. § 3c Abs. 2 EStG unterliegt.
Erhöhtes Abschreibungspotential
Durch die Aufdeckung der stillen Reserven bei der Einbringung ergibt sich für die GmbH zukünftig ein erhöhtes Abschreibungspotential, soweit die stillen Reserven auf abnutzbare Wirtschaftsgüter sowie auf den Geschäfts- oder Firmenwert entfallen. In einer Gesamtbetrachtung hat die Auflösung der stillen Reserven keiner Belastung mit Gewerbesteuer unterlegen und ist ggf. mit dem ermäßigten Einkommensteuersatz zu versteuern. Dagegen mindern die künftigen Abschreibungen bei der GmbH die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer mit dem jeweils geltenden tariflichen Steuersatz.
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Versteuerung des Veräußerungsgewinns eine sofortige Liquiditätsbelastung bewirkt, ohne dass dem Einbringenden unmittelbar liquide Mittel zufließen. Die Einbringung zum gemeinen Wert ist somit nur dann vorteilhaft, wenn der künftige Steuervorteil aus der Mehrabschreibung der stillen Reserven bei der GmbH größer ist als die Sofortversteuerung. Hierfür sind auf den Einzelfall bezogene Berechnungen unter Berücksichtigung der mittleren Abschreibungsdauer der Wirtschaftsgüter notwendig. Dagegen dürfte eine Einbringung unter Ansatz der gemeinen Werte stets vorteilhaft sein, wenn der entstehende Gewinn unter dem Freibetrag 45.000 EUR nach § 16 Abs. 4 EStG liegt oder wenn der Einbringende über steuerliche Verlustvorträge verfügt.