LfSt Niedersachsen v. 1.8.2018, S 7171 b - 1 - St 182
Allgemeines
Mit der Einfügung des § 4 Nr. 15b UStG zum 1.1.2015 ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSyStRL im Bereich der Arbeitsförderung umgesetzt worden.
Die Eingliederungsleistungen sind „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen” im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL. Diese Leistungen werden dem Grundsatz nach im Sozialgesetzbuch beschrieben. Sie sollen einer wirtschaftlichen oder sozialen Notlage abhelfen, die sich aufgrund von Hilfebedürftigkeit oder Arbeitslosigkeit ergibt. Die Leistungen werden regelmäßig von den Agenturen für Arbeit bzw. den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezahlt.
Begünstigte Leistungen
Steuerfrei sind
- Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte in Ausbildung oder Arbeit oder für deren Eingliederung im Rahmen des SGB II,
- Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, die von den Agenturen für Arbeit im Rahmen des SGB III über besondere Einrichtungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte, Arbeitslose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende oder Ausbildungssuchende erbracht werden,
- vergleichbare Leistungen, die im Rahmen von Bundes- und Landesprogrammen sowie Programmen anderer Gebietskörperschaften an die genannten Personenkreise mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt (Ausbildung oder Arbeit) erbracht werden.
Begünstigte Einrichtungen
Begünstigt sind neben den juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch andere Einrichtungen mit sozialem Charakter. Eine andere Einrichtung mit sozialem Charakter ist eine Einrichtung,
- die nach § 178 SGB III zugelassen ist,
- die für ihre o.g. Leistungen Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II geschlossen hat oder
- die für vergleichbare Leistungen Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen hat.
Nach § 176 SGB III ist die Zulassung des Trägers durch eine fachkundige Stelle grundsätzlich Voraussetzung für die Durchführung von Maßnahmen der Arbeitsförderung. Eine solche fachkundige Stelle wird durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) überwacht und akkreditiert, Verträge i. o.g. Sinn liegen auch dann vor, wenn der Leistungsaustausch auf einem Zuwendungsbescheid beruht, der die gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmt.
Der Begriff Einrichtungen umfasst unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Nicht ausreichend ist, dass der Unternehmer lediglich als Subunternehmer für eine anerkannte Einrichtung tätig wird, es sei denn er erfüllt selbst die Voraussetzungen der Vorschrift.
Einzelfälle
Fahrschulen
Verfügt eine Fahrschule über eine Zertifizierung durch eine von der DAkks zugelassene fachkundige Stelle (§ 176 SGB III), ist sie damit als Bildungsträger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung nach der AZAV anerkannt. Die Fahrschule ist dann als andere Einrichtung mit sozialem Charakter i.S. des § 4 Nr. 15b Satz 2 Buchst. a UStG anzusehen.
Erbringt die als Bildungsträger zertifizierte Fahrschule Ausbildungs- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen i.S.d. SGB III, unterliegen die daraus erzielten Umsätze der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 15b UStG. Dies gilt selbst dann, wenn im Rahmen dieser Weiterbildungsmaßnahmen der Führerschein der Klasse B erworben werden kann.
Arbeitsvermittler
Die Umsätze privater Arbeitsvermittler, die Vermittlungsleistungen an Arbeitsuchende erbringen und ihr Honorar unmittelbar von der Bundesagentur für Arbeit erhalten, sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 15b UStG steuerfrei (BMF-Schreiben vom 19.9.2016, BStBl 2016 I S. 1042).
Für die Zeiträume vor dem 1.1.2015 können sich die privaten Arbeitsvermittler für die Steuerfreiheit dieser Vermittlungsleistungen aufgrund eines Vermittlungsgutscheins nach § 421g SGB III (bis 31.3.2012) bzw. nach § 45 Abs. 4 SGB III (ab 1.4.2012) unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen.
Die Karteikarte zu § 4 Nr. 21 UStG, S 7179 Karte 1 Kontrollnummer 1353 ist auszusondern.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 15b;
RL 2006/112/EG Art. 132 Abs. 1 Buchst. g