Leitsatz

1. Für die Ermittlung der Gebäudenormalherstellungskosten eines SB-Markts im Beitrittsgebiet ist der Raum unterhalb der Traufe voll anzurechnen.

2. Befinden sich unterhalb der Traufe Versorgungsleitungen, die mittels einer abgehängten Decke der Sicht entzogen sind, steht dies der Vollanrechnung nicht entgegen.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 2, § 129 BewG, § 10, § 52 BewG DDR, § 3a, § 32, § 33 RBewDV, § 162 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Beitrittsgebiet, auf dem sich nach den im Jahre 2012 fertiggestellten Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen ein moderner SB-Markt befindet. Das Dach ist ein Walmdach mit einem Pultdach im Eingangsbereich. Unter dem Dach sind nicht belastbare und nicht begehbare abgehängte Decken eingezogen. Darüber befinden sich Versorgungseinrichtungen für Licht und Klimatisierung.

Das FA stellte den Einheitswert – Wertfortschreibung – für das Geschäftsgrundstück auf den 1.1.2014 in der Weise fest, dass es beim Gebäudewert des Hauptgebäudes das Raumvolumen bis zur Unterkante des Dachaufbaus (als Warenhaus mittlerer Ausstattung) ansetzte. Die Klage, mit der die Klägerin begehrte, nur das Raumvolumen bis zu den abgehängten Decken anzusetzen, blieb erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.12.2018, 3 K 3323/15, EFG 2019, 754).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Bei der Berechnung des Gebäudewerts sei das Raumvolumen zwischen der abgehängten Decke, den Außenwänden und der Ebene, die durch den tiefsten Schnittpunkt zwischen Gebäudewand und Dach verläuft, einzubeziehen.

 

Hinweis

Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts eines Selbstbedienungsmarkts (SB-Markt) im Beitrittsgebiet, bei dem sich unterhalb des Dachs Versorgungsleitungen befinden, die mittels einer abgehängten Decke der Sicht entzogen sind.

1. Nach § 129 Abs. 1 BewG gelten für die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke die festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum 1.1.1935 weiter. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift werden – vorbehaltlich der §§ 129a bis 131 BewG – für die Ermittlung der Einheitswerte 1935 statt der §§ 27, 68 bis 94 BewG u.a. im Einzelnen genannte Bestimmungen des BewG DDR und der RBewDV mit späteren Änderungen weiter angewandt. Die BewRGr sind auf die Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet nicht anwendbar.

a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BewG DDR ist bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der Preis anzusetzen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BewG DDR sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.

b) § 52 Abs. 1 BewG DDR verweist für die Bewertung der bebauten und der im Bau befindlichen Grundstücke auf die durch den Minister der Finanzen zu erlassenden Rechtsvorschriften.

Nach § 3a Abs. 1 RBewDV sind bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungs–/Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom 1.1.1935 zugrunde zu legen.

§ 32 Abs. 1 RBewDV unterscheidet fünf verschiedene Grundstückshauptgruppen, zu denen nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 RBewDV die Geschäftsgrundstücke zählen. Das sind bebaute Grundstücke, die zu mehr als 80 % unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen.

c) § 33 Abs. 2 Satz 1 RBewDV schreibt vor, dass alle übrigen bebauten Grundstücke (§ 33 Abs. 1 RBewDV nennt Mietwohngrundstücke und gemischtgenutzte Grundstücke) mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind. Lässt sich die Jahresrohmiete in der Regel unschwer ermitteln oder schätzen, ermöglicht § 33 Abs. 2 Satz 2 RBewDV die Bestimmung des Werts über ein durch die Oberfinanzpräsidenten bestimmtes Vielfaches der Jahresrohmiete. Lässt sich hingegen ausnahmsweise die Rohmiete nur schwer ermitteln oder schätzen, ist das Grundstück nach § 33 Abs. 3 RBewDV mit dem gemeinen Wert zu bewerten.

d) Der gemeine Wert ist dort nicht definiert. Indes enthielt bereits § 138 Abs. 1 RAO eine Bestimmung des gemeinen Werts, die ihrerseits im Wesentlichen wortgleich mit § 10 Abs. 1 Satz 1 BewG DDR (wie auch mit § 9 Abs. 2 BewG) ist. Insofern führt § 33 Abs. 3 RBewDV auf den Maßstab des § 10 Abs. 1 Satz 1 BewG DDR zurück.

2. Fehlt eine Rohmiete und fehlen auch Verkäufe auf den Stichtag 1.1.1935, kann der maßgebende gemeine Wert nach § 162 AOgeschätzt werden.

a) Für die Schätzung eines Grundstückswerts ist auf die Grundzüge des Sachwertverfahrens in Anlehnung an die Regelungen der §§ 83ff. BewG zurückzugreifen, die jedoch gemäß § 129 Abs. 2 BewG nicht unmittelbar anwendbar sind.

b) Zur Durchführung der Bewertung im Beitrittsgebiet ist nach dem 3.10.1990 eine Reihe gleichlautender Ländererlasse ergangen. Für das Grundvermögen zählen darunter u.a. die Erlasse vom 25.6.1993 (BStBl I 1993, 528) i.d....

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