Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine gesonderte Feststellung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Feststellungsfrist abgelaufen ist. Hiervon abweichend kann nach § 181 Abs. 5 AO eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO außer Betracht.
Die Vorschrift des § 181 Abs. 5 AO trägt dem Umstand Rechnung, dass die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nur eine Vorstufe der Steuerfestsetzung ist, d. h. nur eine dienende Funktion hat. Aus der Technik der getrennten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sollen dem Steuerpflichtigen keine Nachteile, aber auch keine Vorteile entstehen. Die Vorschrift gilt nicht nur für den erstmaligen Erlass, sondern ihrem Sinn entsprechend auch für die Änderung oder Berichtigung von Feststellungsbescheiden.
Unter dieser Prämisse kann ein Einheitswertbescheid nach Ablauf der Feststellungsfrist noch insoweit erlassen oder korrigiert werden, als die Festsetzungsfrist für die Grundsteuer noch nicht abgelaufen ist. Obwohl sich das Verfahren zur Festsetzung der Grundsteuer in 3 Stufen (Einheitswertbescheid → Grundsteuermessbescheid → Grundsteuerbescheid) vollzieht, ist der Erlass oder die Korrektur des Einheitswertbescheids auf der ersten Stufe nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO auch zulässig, wenn die Festsetzung der Grundsteuer auf der dritten Stufe noch möglich ist; Entsprechendes gilt, wenn der Grundsteuerbescheid noch geändert werden kann. Zwar ist der Einheitswertbescheid Grundlagenbescheid nur für den Grundsteuermessbescheid, Letzterer wiederum alleiniger Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid und damit der Einheitswertbescheid kein (direkter) Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid. Die dienende Funktion sowohl der Feststellung des Einheitswerts als auch der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags letztlich für die Grundsteuerfestsetzung rechtfertigt aber eine entsprechende Anwendung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO.
Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist im Einheitswertbescheid allerdings auf seine einschränkende Wirkung gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 AO hinzuweisen. Dieser Hinweis hat nicht bloße Begründungsfunktion, sondern Regelungscharakter, weil mit ihm der (zeitliche) Geltungsbereich der getroffenen Feststellungen abweichend von § 182 Abs. 1 AO bestimmt und damit rechtsgestaltend auf das Steuerrechtsverhältnis eingewirkt wird. Für den Steuerpflichtigen und die für den Erlass des Folgebescheids zuständige Behörde muss deshalb erkennbar sein, dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der lediglich für solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Fehlt der Hinweis, der allerdings in der Einspruchsentscheidung nachgeholt werden kann, wenn zu diesem Zeitpunkt die Festsetzungsfrist für die abhängige Steuer (immer noch) nicht abgelaufen ist, so ist der Feststellungsbescheid rechtswidrig und auf Anfechtung hin aufzuheben. Der Grundsteuermessbescheid selbst muss allerdings nicht den Hinweis gemäß § 181 Abs. 5 AO enthalten.
Der Hinweis darf allerdings keine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidsverfahren enthalten, da Feststellungen zur Festsetzungsverjährung nur im Folgebescheid zu treffen sind. Ein Wirkhinweis im Feststellungsbescheid, der eine konkrete Zeitangabe zu der vermeintlichen Verjährung im Folgebescheidsverfahren enthält, führt zur Rechtswidrigkeit des gesamten Feststellungsbescheids. Die Frage, ob (tatsächlich) Verjährung in der dritten Stufe (Grundsteuer) eingetreten ist, ist bei Vorliegen eines Wirkhinweises i. S. des § 181 Abs. 5 Satz 2 AO in der ersten Stufe (Einheitswert) allein im Verfahren betreffend die Grundsteuer zu prüfen.