Leitsatz
1. Im Veranlagungszeitraum 2001 sind Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Stiftung aus Altgewinnen, die bei dieser noch einer Körperschaftsteuerbelastung von 40 % unterlegen haben, beim Destinatär zusätzlich nach der bereits auf das Halbeinkünfteverfahren zugeschnittenen Regelung des § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433) zu versteuern.
2. Wenn ein Zustand erheblicher Ungleichheit durch ein umfangreiches Änderungsgesetz, das eine gänzlich neue Besteuerungssystematik mit sich bringt, in einen Zustand der Gleichheit überführt wird, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn in einem Übergangszeitraum aufgrund der Besonderheiten der vorgefundenen Rechtslage noch keine vollkommene Gleichheit geschaffen wird.
Normenkette
§ 22 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 2 Buchst. a, § 52 Abs. 38 EStG, Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Die verheirateten Kläger gehören zu den Destinatären von Familienstiftungen, die nicht von der KSt befreit sind und Unternehmensbeteiligungen halten. Das FA setzte die von den Stiftungen im Jahr 2001 bezogenen Destinatärleistungen bei den Klägern als Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 2 Buchst. a EStG i.d.F. d. StSenkG an und gewährte die hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. i EStG. Nach Auffassung der Kläger führte diese Besteuerung der Destinatärsleistungen in 2001 zu einer systemwidrigen Doppelbelastung, weil die Gewinne bei den Stiftungen bereits der KSt mit dem bis einschließlich 2000 geltenden Steuersatz von 40 % unterworfen worden seien. Es komme zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung zwischen Stiftungen und ihren Destinatären einerseits sowie Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern andererseits, bei denen im Übergangsjahr 2001 noch die Anrechnung von Körperschaftsteuer zulässig gewesen waren, sofern Ausschüttungen aus Altrücklagen vorgenommen worden seien. Zur Vermeidung der dargestellten Ungleichbehandlung sei entweder eine teleologische Reduktion des in § 22 Nr. 1 EStG verwendeten Begriffs der "wiederkehrenden Bezüge" oder eine verfassungskonforme Auslegung der Übergangsregelung des § 52 Abs. 38 EStG erforderlich. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.6.2013, 8 K 3947/11, Haufe-Index 6426714, EFG 2014, 209).
Entscheidung
Auch die Revision war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen erfolglos.
Hinweis
Die Steuerreform 2001 führte nicht nur zur Abschaffung des Anrechnungsverfahrens und zur Einführung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens. Auch die Besteuerung von Leistungen, die ein Destinatär von einer nicht gemeinnützigen Stiftung erhält, wurde grundlegend neu geregelt.
1. Bis 2000 unterlagen die Einkünfte einer Stiftung der körperschaftsteuerlichen Tarifbelastung, die – mangels Anwendbarkeit des Anrechnungsverfahrens – als Definitivbelastung wirkte. Die Destinatärsleistungen wurden beim Empfänger durch § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 1 EStG a.F. von der ESt freigestellt, sodass die Gesamtsteuerbelastung mit dem Körperschaftsteuersatz identisch war.
2. Aufgrund der Steuerreform 2001 hat eine Stiftung nunmehr ihre im Jahr 2001 erzielten Gewinne ebenso wie eine Kapitalgesellschaft mit dem abgesenkten Definitiv-Körperschaftsteuersatz von 25 % zu besteuern. Bei einer sofortigen Weiterleitung an die Destinatäre wurden deren Bezüge als wiederkehrende Leistungen dem Halbeinkünfteverfahren nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbs. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. i EStG unterworfen. Die Besteuerung unterschied sich daher insoweit nicht von der einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern.
3. Anders aber war es, wenn Altrücklagen ausgeschüttet wurden. Schüttete eine Kapitalgesellschaft Gewinne aus, die sie bereits in Jahren vor 2001 erzielt hatte, führte dies – bis zu der mit Wirkung ab dem 12.4.2003 vorgenommenen Änderung des § 37 Abs. 2 KStG – zu einer Minderung der KSt im Umfang von 1/6 der Gewinnausschüttung, was wirtschaftlich eine Absenkung der KSt-Belastung auf 30 % bedeutete. Der Anteilseigner hatte die ausgeschütteten Gewinne nach dem Halbeinkünfteverfahren zu besteuern, sodass die Gesamtbelastung 44,55 % betrug.
Zahlte demgegenüber eine Stiftung Gewinne aus, die sie bereits in den Vorjahren erzielt hatte, hatten diese Gewinne bei der Stiftung der Definitivbelastung von 40 % unterlegen. Mangels Übergangsregelung änderte sich daran nichts. Bei den Destinatären fiel zusätzlich ESt auf die Hälfte der erhaltenen Bezüge an, sodass die Gesamtsteuerbelastung 54,55 %betrug.
4. Diese zwischen Kapitalgesellschaften und Stiftungen bestehende unterschiedliche steuerliche Behandlung der Altrücklagen erfordert aber – so der BFH – bei der Besteuerung der Destinatäre keine auf verfassungsrechtliche Wertungen gestützte einschränkende Auslegung des § 22 Nr. 1 EStG oder des § 52 Abs. 38 EStG.
5. Der X. Senat ist zunächst der Ansicht, dass die Vergleichspaare Stiftung/Destinatär und Kapitalgesellschaft/Anteilseigner bereits im Ansatz ni...