Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Vorauszahlungen auf Einkommensteuer, die für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner erfolgen, werden auf die Einkommensteuerschuld nach Köpfen angerechnet bzw. erstattet, auch dann, wenn auf einen Ehegatten keine Steuerschuld entfällt oder wenn später die Durchführung einer getrennten Veranlagung beantragt wird.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige wurde bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2002 mit seiner Frau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2003 wurde die getrennte Veranlagung beantragt. Seit Oktober 2005 lebten die Eheleute dauernd getrennt. Bis zum 2. Quartal 2005 wurden die Einkommensteuervorauszahlungen unter der gemeinsamen Steuernummer der Eheleute durch Abbuchung infolge erteilter Einzugsermächtigung geleistet. Ab dem 3. Quartal 2005 leistete der Steuerpflichtige Vorauszahlungen auf die für ihn neu zugeteilte Steuernummer. Er beantragte, die für 2003, 2004 und 2005 geleisteten Vorauszahlungen in vollem Umfang auf die für ihn neu eingerichtete Steuernummer zu übertragen, da er sie für seine Einkommensteuerschuld von seinem Konto geleistet habe. Die Ehefrau hingegen beantragte die Anrechnung der hälftigen Vorauszahlungen bei ihrer Einkommensteuerveranlagung 2004. Das Finanzamt teilte die Vorauszahlungen für 2004 und die ersten beiden Quartale 2005 nach Köpfen auf, da bei bestehender und intakter Ehe davon auszugehen sei, dass die Zahlung der Einkommensteuer für Rechnung beider Ehegatten als Gesamtschuldner bewirkt worden und damit beide Ehegatten erstattungsberechtigt seien.
Entscheidung
Das FG bestätigte die Entscheidung des Finanzamts, bis zum zweiten Quartal 2005 die vom Konto des Ehemanns geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen jeweils zur Hälfte bei beiden Ehegatten anzurechnen. Denn besteht die Ehe und leben die Eheleute nicht dauernd getrennt, ist mangels entgegenstehender ausdrücklicher Absichtsbekundung aufgrund der zwischen den Eheleuten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft anzunehmen, dass jeder der Ehegatten mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen, mit ihm zusammenveranlagten Ehepartners begleichen wollte. Beide Ehegatten sind daher Erstattungs- bzw. Anrechnungsberechtigte, der Anrechnungsbetrag ist zwischen ihnen nach Köpfen aufzuteilen. Dies gilt auch dann, wenn auf einen Ehegatten keine Steuerschuld entfällt oder wenn später getrennte Veranlagung beantragt wird.
Hinweis
Ob sich die Eheleute - wie im Streitfall - später trennen oder einer der Ehegatten nachträglich die getrennte Veranlagung beantragt, ist somit für die Beurteilung der Tilgungsabsicht nicht maßgeblich. Hierfür kommt es nur darauf an, wie sich die Umstände dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Vorauszahlung darstellen. Differenzierter sieht dies dagegen das FG Köln. Danach soll auch bei Ehegatten entscheidend sein, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung vom Finanzamt erkennbar ist, getilgt werden soll.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.01.2010, 10 K 1804/08