Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
12.1 Besteuerungssystematik
12.1.1 Abgeltungswirkung des Steuerabzugs
Soweit die Kapitalerträge dem Steuerabzug unterlegen haben, ist die Einkommensteuerschuld des Anlegers nach § 43 Abs. 5 EStG abgegolten, wenn die Erträge nicht einer anderen Einkunftsart (z. B. einem Gewerbebetrieb) zuzurechnen sind bzw. die Ausnahmen des § 32d Abs. 2 EStG vorliegen. Die Abgeltungswirkung umfasst auch Zuschlagsteuern wie den Solidaritätszuschlag (SolZ) und die Kirchensteuer.
Ein Steuerabzug wird regelmäßig vorgenommen, wenn die Kapitalanlagen durch ein inländisches Kreditinstitut verwahrt werden und/oder die Kapitalerträge durch dieses ausgezahlt werden. Weiterhin unterliegen insbesondere inländische Gewinnausschüttungen dem Steuerabzug durch die ausschüttende Gesellschaft bzw. durch die Kreditwirtschaft.
12.1.2 Einkommensteuerveranlagung – Überblick
Der Kapitalertragsteuerabzug kann nicht in allen Fällen durchgeführt werden. Daher besteht in bestimmten Fällen eine Veranlagungspflicht im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung. Darüber hinaus können Sachverhalte, die beim Steuerabzug keine Berücksichtigung finden konnten, im Rahmen der Veranlagung zum Abgeltungsteuersatz korrigiert werden bzw. der Anleger kann zu seinen Gunsten die tarifliche Besteuerung seiner Kapitalerträge beantragen. Die nachfolgende Übersicht enthält die wichtigsten Eckpunkte.
12.2 Anlage KAP
12.2.1 Überblick
Wenn Kapitalerträge einkommensteuerlich erklärt werden, ist der Einkommensteuererklärung eine Anlage KAP beizufügen.
Diese ist für die Steuererklärung 2024 wie folgt gegliedert:
- Allgemeine Angaben (Zeilen 1–6).
- Kapitalerträge, die dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben (Zeilen 7–15).
- Sparer-Pauschbetrag (Zeilen 16-17).
- Kapitalerträge, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben (Zeilen 18-26a).
- Kapitalerträge, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen (Zeilen 27-34).
- Kapitalerträge, für die die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden ist (Zeilen 35-36).
- Steuerabzugsbeträge (allgemeine Kapitalerträge einschließlich ausländischer Quellensteuern – Zeilen 37-42).
- Steuerabzugsbeträge (tariflich zu besteuernde Kapitalerträge – Zeilen 43-45).
- Kapitalertragsteuersachverhalte nach § 36a EStG (Zeile 46).
- Kürzungsbetrag nach § 11 AStG (Zeilen 47-48).
- Familienstiftungen nach § 15 AStG (Zeilen 49-54).
- Steuerstundungsmodelle (Zeile 55).
Werden im Rahmen der Zusammenveranlagung für beide Ehegatten Kapitalerträge erklärt, muss für jeden Ehegatten eine Anlage abgegeben werden.
12.2.2 Zeilen 4–6
In den Zeilen 4–6 der Anlage KAP wird abgefragt, ob der Anleger die Günstigerprüfung beantragt, ob ein Antrag auf Veranlagung zum Abgeltungsteuersatz gestellt wird oder ob die Kirchensteuer im Rahmen der Veranlagung nachzuerheben ist.
12.2.3 Zeilen 7–15
Die in den Zeilen 7–15 in der mittleren Spalte aufzunehmenden Werte ergeben sich aus den Steuerbescheinigungen. Der in der Zeile 7 einzutragende Wert beinhaltet die gesamten Kapitalerträge der jeweiligen Institute lt. Jahressteuerbescheinigung (Muster I der Steuerbescheinigung) bzw. die anzusetzenden Kapitalerträge bei Einzelsteuerbescheinigungen (Muster II der Steuerbescheinigung).
Investmenterträge in den Steuerbescheinigungen inländischer Kreditinstitute
Die ab 2018 anzusetzenden Investmenterträge sind in der Steuerbescheinigung als Teil der Kapitalerträge enthalten und werden grundsätzlich nicht gesondert ausgewiesen. Die Teilfreistellungsbeträge sind bereits berücksichtigt, sodass nur die anzusetzenden Einkünfte in der Steuerbescheinigung ausgewiesen werden.
Die Zeilen 8 (Aktienveräußerungsgewinne – in Zeile 7 enthalten), 9 (Einkünfte aus Stillhalterprämien und Gewinne aus Termingeschäften – in Zeile 7 enthalten), 12 (Veräußerungsverluste ohne Aktien) und 13 (Aktienveräußerungsverluste) sowie die Zeilen 14 und 15 (Verluste aus Termingeschäften und wertlosen Kapitalanlagen) sind erforderlich, damit die gesetzlich vorgeschriebene Verlustverrechnung durchgeführt werden kann.
Die Angaben in der Zeile 10 sind Grundlage für den Freibetrag nach § 56 Abs. 6 InvStG für Gewinne aus der Veräußerung bestandsgeschützter Alt-Anteile von Investmentfonds. Diese werden ebenfalls in der Steuerbescheinigung ausgewiesen.
In der Zeile 11 ist eine beim Steuerabzug angesetzte Ersatzbemessungsgrundlage einzutragen, welche im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung regelmäßig zu korrigieren ist.
Die Zeilen 12 und 13 der Anlage KAP enthalten Eintragungsmöglichkeiten zu nicht ausgeglichenen Verlusten, die sich regelmäßig aus der Verlustbescheinigung des Kreditinstituts ergeben.
Auf die BFH-Rechtsprechung zur Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG (Verrechnung von Aktienveräußerungsverlusten) wird an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen.
Wenn die Werte lt. Steuerbescheinigung/Verlustbescheinigung keiner Korrektur bedürfen, werden nur in die mittlere Spalte die in der Steuerbe...