Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
Die Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ergibt sich aus § 52 Abs. 28 Sätze 15–17 EStG. Danach ist zu unterscheiden, ob es sich bei der veräußerten/eingelösten Kapitalforderung um eine Kapitalforderung handelt, die nach der bis 2008 geltenden Rechtslage
- als Finanzinnovation nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG a. F. einzustufen war,
- (nur) der Altfassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a. F. unterlag ("normale" Rentenpapiere) oder
- lediglich als Spekulationspapier einzustufen war (= keine Kapitalforderung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a. F., aber eine Kapitalforderung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n. F.).
a) Finanzinnovation
Handelte es sich nach der bis 2008 geltenden Rechtslage um eine Finanzinnovation, unterliegt die Veräußerung der Abgeltungsteuer, wenn der Veräußerungspreis ab 2009 zufließt. Für diese Kapitalforderungen gewährt der Gesetzgeber keinen Bestandsschutz, da ja auch schon bis 2008 der Veräußerungsvorgang nach der Emissionsrendite oder Marktrendite zu versteuern war. Dies gilt auch dann, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint.
b) andere Rentenpapiere und Darlehen
Für bis zum 31.12.2008 erworbene sonstige Kapitalforderungen, die nicht als Finanzinnovation eingeordnet waren, gilt die neue Veräußerungsgewinnbesteuerung nicht (Bestandsschutz). Es bleibt bei der bis 2008 geltenden Regelung:
- Steuerpflicht bei Veräußerung innerhalb eines Jahres,
- nicht steuerbare Wertrealisierung auf der Vermögensebene bei einer späteren Veräußerung.
Somit können auch Kursgewinne bei unter dem Nennwert erworbenen Anleihen bzw. bei Anleihen, die mit einem unschädlichen Emissionsdisagio ausgegeben wurden, ab 2009 steuerfrei vereinnahmt werden. Vereinnahmte Stückzinsen sind in jedem Fall steuerpflichtig.
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ist für private Darlehens- und Gesellschafterforderungen gem. § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG nur dann anwendbar, wenn die Forderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet wurde. Es kommt somit auf das wirksame Zustandekommen des Darlehensvertrags an.
c) Zertifikate
Reine Spekulationspapiere nach alter Rechtslage (z. B. Zertifikate ohne Garantien) fallen ab 2009 ebenfalls unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG. Nach dem 30.6.2009 realisierte Verluste aus der Veräußerung von sog. Vollrisikozertifikaten, die nach dem 14.3.2007 angeschafft wurden, sind steuerpflichtig. Wurden diese somit vor dem 15.3.2007 erworben, können diese steuerfrei veräußert/eingelöst werden.