Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Tritt der Erwerber eines Mietobjekts in einen bestehenden Mietvertrag ein, so wird seine Einkünfteerzielungsabsicht auf der Grundlage der Auslegung dieses Mietvertrags durch den Umgang des Erwerbers mit ihm, insbesondere auch mit einer noch laufenden Befristung und/oder Eigenbedarfsklausel, indiziert.
Normenkette
§ 21 EStG
Sachverhalt
Der Sachverhalt ist ansatzweise schon bekannt. K hatte mit Erwerb das durch Mietvertrag vom Juli 2004 zwischen ihrer Großmutter (als Vermieterin) und den Eheleuten E (als Mieter) begründetes Mietverhältnis, das am 1.9.2004 begonnen hatte und am 31.8.2009 enden sollte, übernommen. Als Begründung für diese Befristung sah der Mietvertrag den vorformulierten, von den Vertragsparteien durch Ankreuzen zum Regelungsinhalt gemachten Text vor, dass der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötige. Konkretisiert war diese Vertragsklausel durch folgenden handschriftlichen Zusatz: "Das Mietverhältnis wird auf 5 Jahre beschränkt, weil nach Ablauf dieser Zeit eine der beiden Töchter oder eines der Enkelkinder das Haus in Eigenbedarf für sich und seine Familie nutzen wird. Anderweitiger Ersatzwohnraum steht für die Person nicht zur Verfügung, sodass diese nach Ablauf der Mietzeit zwingend auf die Nutzung des Mietobjekts angewiesen sein wird."
K und ihr Ehemann zogen schon im Oktober 2008 von ihrer bisherigen Mietwohnung in ihre von den Mietern zu diesem Zeitpunkt bereits geräumte Doppelhaushälfte um. Für die Jahre 2006 und 2007 machten die Eheleute K aus der Vermietung des Grundstücks Werbungskostenüberschüsse geltend, deren Berücksichtigung FA und FG (FG Köln, Urteil vom 21.9.2011, 9 K 4205/09, Haufe-Index 2939502) ablehnten.
Entscheidung
Der BFH billigte die Entscheidung des FG. Sie sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden: K hat mit Eigentumserwerb ein auf 5 Jahre befristetes Mietverhältnis übernommen, das ab ihrem Erwerb (April 2006) noch bis August 2009 dauern sollte. Sie hat also ihre Vermietungstätigkeit mit einem (noch) 3 Jahre und vier Monate dauernden Mietverhältnis begonnen. Dies konnte das FG ohne Bedenken als nicht auf Dauer angelegt werten; dies wurde durch das Fehlen etwaiger weitergehender Vermietungsbemühungen und durch den kurzfristigen und vorzeitigen Einzug der Kläger im Oktober 2008 bestätigt. Die Eigenbedarfsklausel wurde zwar mit der Großmutter als Veräußerin vereinbart; sie bezieht sich aber ausdrücklich auf deren "Töchter oder eines der Enkelkinder". Es ist daher naheliegend und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG den übernommenen Mietvertrag dahin auslegt, dass die Klausel auch in der Person der K von Bedeutung ist, weil es sich bei ihr um eine der Begünstigten der Klausel (Enkelkind) handelt. Bestätigt wird dies wiederum durch die kurzfristige Eigennutzung. Der BFH wies deshalb die Revision zurück.
Hinweis
Mit der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist das so eine Sache. Von ihrem Bestehen ist bei einer normalen Vermietung ohne Weiteres auszugehen, nicht aber, wenn der Steuerpflichtige gar nicht auf Dauer vermieten will, sondern sich eine Eigennutzung vorbehält und es dann wirklich dazu kommt. Diese Grundsätze musste der BFH in einem Fall anwenden, in dem die Großmutter sich in einem Mietvertrag für ihre Doppelhaushälfte die Selbstnutzung durch sich, ihre Tochter oder eine ihrer Enkelinnen vorbehalten hatte. Die Enkelin K erwarb dann 2006 von ihrer Großmutter das Haus und übernahm den Mietvertrag mit den Eheleuten E. Schon 2008 zogen sie und ihr Ehemann selbst in das Haus. Hatte sie Einkünfteerzielungsabsicht und kann sie deshalb negative Werbungskosten geltend machen?
1. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist nach einhelliger Rechtsprechung nur bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend – wenn also keine besonderen Umstände dagegen sprechen – davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben.
2. Von einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung ist nur auszugehen, wenn sie nach den bei ihrem Beginn ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt. Eine solche Befristung liegt nicht schon in einem auf Zeit abgeschlossenen Mietvertrag. Da muss mehr hinzukommen. Gegen die Absicht einer auf Dauer angelegten Vermietung spricht es, wenn bereits im Mietvertrag die Befristung mit einer ausdrücklich erklärten Selbstnutzungsabsicht oder Verkaufsabsicht verknüpft wird. Dieses Beweisanzeichen wird verstärkt, wenn sich der Steuerpflichtige tatsächlich so verhält. Ist die Vermietung mit Werbungskostenüberschüssen wegen einer von vornherein geplanten und durchgeführten Selbstnutzung nur kurzfristig, spricht dies also gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht. Sie muss dann – wenn der feststellungs...