Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Eine Ausnahme ist gegeben, wenn - etwa bei befristeter oder von vornherein nur kurzfristig angelegter Vermietung - der Beweis des ersten Anscheins gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht spricht.
Sachverhalt
Die Klägerin vermietete ab 1.9.1996 ein Reihenhaus an die Eheleute S. Das Mietverhältnis sollte, ohne dass es hierzu einer Kündigung bedurfte, am 31.3.1999 enden. Grund für die Befristung des Mietverhältnisses war der voraussichtliche Eigenbedarf der Klägerin. Nach einer vorzeitigen Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.10.1997 durch die Eheleute S bewohnte die Klägerin das Objekt seit 1998 zusammen mit ihrem Lebensgefährten selbst.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1996 machte die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung in Höhe von rd. 100 000 DM geltend. Auf Befragen des Finanzamts trug sie vor, dass die Vermietung des Reihenhauses nach vorübergehender Selbstnutzung fortgesetzt werden solle, da sie beabsichtige, in absehbarer mit ihrem Lebensgefährten dessen Immobilie als gemeinsame Wohnung zu nutzen. Das Finanzamt erkannte die Verluste vorläufig nach § 165 AO an. Für den Veranlagungszeitraum 1997 verfuhr es entsprechend.
Für die Jahre 2002 und 2003 wurden von der Klägerin erneut Werbungskostenüberschüsse geltend gemacht. Zugrunde liegt ein frühestens zum 1.1.2010 kündbarer Mietvertrag mit ihrem Lebensgefährten vom 18.11.2002 über einen Büroraum plus Garage. Die übrigen Räume nutzten die Klägerin und ihr Lebensgefährte einstweilen privat.
In 2003 änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 nach § 165 AO und ließ dabei die Verluste aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt. Die hiergegen erhobenen Einsprüche wies das Finanzamt unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 9.7.2002, IX R 57/00, BStBl 2003 II S. 695, zurück.
Entscheidung
Das FG hat entschieden, dass die Verluste wegen fehlender Überschusserzielungsabsicht nicht anzuerkennen sind. Bei einer auf Dauer angelegten, d. h. bei Beginn der Vermietung nach den ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegenden Vermietung werde die Einkunftserzielungsabsicht regelmäßig unterstellt. Habe der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, gelte dies auch dann, wenn er nach dem Beginn seiner Vermietungstätigkeit das Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußere oder selbst nutze.
Auch aus einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Mietvertrag allein folge noch nicht eine - steuerrechtlich bedeutsame - Befristung der Vermietungstätigkeit. Denn eine Vermietungstätigkeit könne auch dann auf Dauer angelegt sein, wenn mehrere Zeitmietverträge hintereinander abgeschlossen würden oder der ursprüngliche, befristete Vertrag verlängert würde. Es müssten dementsprechend Umstände hinzutreten, die zusammen mit dem Abschluss des Vertrages auf eine bestimmte Zeit den Schluss rechtfertigten, der Vermieter habe seine Tätigkeit nicht auf Dauer ausgerichtet. Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trage im Zweifel der Steuerpflichtige.
Nach der Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände sei vorliegend davon auszugehen, dass es der Klägerin an der für die steuerliche Anerkennung der Werbungskostenüberschüsse gebotenen Einkünfteerzielungsabsicht fehlt. Sie wollte mit den Eheleuten S kein auf Dauer angelegtes Mietverhältnis begründen. Zudem habe sie deren Bitte nach vorzeitiger Vertragsbeendigung zugestimmt, damit auf sichere Einnahmen verzichtet und das Objekt frühzeitig einer eigenen Nutzung zugeführt. Eine klare zeitliche Vorstellung von der Dauer und dem Ende der Eigennutzung habe die Klägerin überdies ersichtlich nicht gehabt. Sie habe wiederholt wechselnde Angaben über ihre im Anschluss an den Auszug aus dem Objekt geplante Wohnungsnahme und - jeweils damit im Zusammenhang stehend - den Zeitpunkt des beabsichtigten Auszugs gemacht.
Auch der Umstand, dass die Klägerin seit Dezember 2002 einen PKW-Stellplatz sowie einen Teil der bis dahin gemeinsam genutzten Wohnfläche zum Zweck der Büronutzung an ihren dort auch wohnhaften Lebensgefährten vermietet habe, rechtfertige nicht den Schluss einer dauerhaften Vermietungstätigkeit. Lebten nämlich Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen in einem Einfamilienhaus, das einem von ihnen gehöre, so könne dieser das Haus oder Teile davon nicht steuerrechtlich wirksam dem anderen vermieten. In solchen Fällen sei nicht der zivilrechtliche Vertrag, sondern die persönliche Beziehung der Partner Grundlage des gemeinsam...