Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Wird eine Ferienwohnung nicht durchweg im ganzen Jahr an wechselnde Feriengäste vermietet und können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist ihr Vermieten mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar, sodass die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose überprüft werden muss (Fortentwicklung des BFH-Urteils vom 26.10.2004, IX R 57/02, BFH/NV 2005, 602).
Normenkette
§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1. EStG
Sachverhalt
Die Klägerin vermietete mehrere Ferienwohnungen jeweils etwas weniger als 100 Tage pro Jahr. Eine ortsübliche Vermietungszeit konnte nicht festgestellt werden.
Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.12.2006, 14 K 92/05, Haufe-Index 1810915, EFG 2007, 1772) lastete dies dem FA an und ging ohne Prognose von der Einkünfteerzielungsabsicht aus.
Entscheidung
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben. Die Sache war aber nicht spruchreif. Das FG muss noch die Prognose durchführen. Zuvor muss es aber (der darlegungsbelasteten) der Klägerin Gelegenheit geben, ihrerseits ortsübliche Vermietungszeiten durch eine repräsentative Aufstellung darzulegen.
Hinweis
1. Vermietet jemand seine Ferienwohnung und wohnt er z.T. auch selbst dort oder hält er sie sich für eigenes Wohnen vor, muss die Einkünfteerzielungsabsicht durch Prognose überprüft werden.
2. Ganz anders die Situation bei Ferienwohnungen, die – wie auch im hier zugrunde liegenden Fall – nur fremd vermietet werden oder allein dafür vorgehalten werden. Hier stellt sich die Frage, ob derartige Vermietungstätigkeiten vergleichbar sind mit einem auf Dauer ausgerichteten Vermieten von Wohnraum, bei dem die Einkünfteerzielungsabsicht gesetzlich typisiert wird und damit nicht geprüft werden muss. Eine solche Vergleichbarkeit ist natürlich gegeben, wenn die Ferienwohnung durchweg im ganzen Jahr an Feriengäste vermietet wird.
3. Ist das nicht der Fall, unterschreitet das Vermieten die ortsüblichen Vermietungszeiten von Ferienwohnungen – abgesehen von Vermietungshindernissen – aber nicht erheblich (d.h. um mindestens 25 %), so wird die Einkünfteerzielungsabsicht ebenfalls typisiert.
4. Wie ist aber zu entscheiden, wenn sich ortsübliche Vermietungszeiten gar nicht feststellen lassen? Die Antwort ergibt sich schon aus den oben dargestellten Prämissen. Weil erst ein cum grano salis ortsübliches Vermietungsverhalten mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit vergleichbar ist, fehlt die Basis für den Vergleich und die Einkünfteerzielungsabsicht muss geprüft werden, wenn man ortsübliche Vermietungszeiten nicht feststellen kann.
5. Es ist nun auch klar, wer die Feststellungslast trägt, wer also den Nachteil davon hinnehmen muss, dass sich ortsübliche Vermietungszeiten nicht feststellen lassen: Es ist der Steuerpflichtige. Er muss ja auch darlegen und beweisen, dass er auf Dauer vermieten will. Und diesem Verhalten vergleichbar ist nur eine Ferienwohnungsvermietung, die dem ortsüblichen Durchschnitt sehr nahe kommt.
6. Schließlich und ergänzend: Was ist ortsüblich? Die individuellen Vermietungszeiten müssen mit denen verglichen werden, die bezogen auf den gesamten "Ort" erzielt werden. Dabei ist – wie bei § 558c BGB – "Ort" nicht identisch mit dem Gebiet einer Gemeinde, sondern kann – je nach Markt – das Gebiet einer oder mehrerer vergleichbarer Gemeinden sowie lediglich Teile davon umfassen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.08.2008 – IX R 39/07