Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Bei einer verbilligten, auf Dauer angelegten Vermietung ist die Einkunftserzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen, wenn der Mietzins weniger als 75 % und mindestens 56 % beträgt.
Sachverhalt
Die verheirateten Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2004 Verluste aus der Vermietung der Eigentumswohnungen Nr. 53 und Nr. 54 geltend, die sie verbilligt an ihre beiden Kinder vermieteten. Da die vereinbarten Warmmieten lediglich 61 % bzw. 67 % der ortsüblichen Warmmiete betrug, führte das Finanzamt unter Zugrundelegung eines Zeitraums von 30 Jahren Prognoseberechnungen durch. Soweit die Eheleute angaben, dass im Jahr 2010 wegen Ablösung der Anschaffungsdarlehen durch Lebensversicherungen keine Schuldzinsen mehr anfallen würden, berücksichtigte das Finanzamt dies bei den Berechnungen. Dem Umstand, dass die Wohnung Nr. 53 ab Ende 2005 an einen Dritten zu ortsüblichen Konditionen vermietet wurde und die Miete für die Wohnung Nr. 54 spätestens ab dem Jahr 2011 auf das marktübliche Niveau angehoben werden sollte, maß es allerdings keine Bedeutung bei.
Die Gesamtergebnisse waren in beiden Fällen negativ. Dementsprechend ließ das Finanzamt die geltend gemachten Werbungskosten nur zu 61 % bzw. 67 % zum Abzug zu.
Entscheidung
Das FG hat die Klage abgewiesen und entschieden, dass das Finanzamt die geltend gemachten Werbungskosten zu Recht nur anteilig berücksichtigt hat. Ob eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit bei einem Mietzins von weniger als 75 % und mindestens 56 % einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung und die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab. Künftig eintretende Faktoren sind nur zu berücksichtigen, wenn sie bei objektiver Betrachtung im Veranlagungszeitraum vorhersehbar sind.
Dementsprechend hat das Finanzamt zutreffend die langfristige Vermietung der Wohnung Nr. 53 ab Ende 2005 sowie die behauptete Vermietung der Wohnung Nr. 54 zu marktüblichen Konditionen ab dem Jahr 2011 nicht in die Berechnungen einfließen lassen. Denn bei objektiver Betrachtung waren diese Umstände im Veranlagungszeitraum 2004 nicht vorhersehbar. Soweit das Finanzamt zugunsten der Kläger berücksichtigt hat, dass ab dem Jahr 2011 (voraussichtlich) keine Schuldzinsen mehr anfallen werden, ist dem nicht zu folgen, denn eindeutige objektive Umstände hierfür lagen im Jahr 2004 ebenfalls noch nicht vor. Folglich sind für die Zeit ab 2011 im Rahmen der Prognoseberechnungen weiterhin Schuldzinsen anzusetzen, so dass sich das negative Ergebnis des Prognosezeitraums noch erhöht.
Hinweis
Die Finanzverwaltung hat für die Erstellung der Totalüberschussprognose bei einer verbilligten Überlassung einer Wohnung im BMF-Schreiben vom 8.10.2004, BStBl 2004 I S. 933, Grundsätze zusammengestellt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung berücksichtigen. Im Einzelfall sollten Steuerpflichtigen bei einer geplanten verbilligten Überlassung anhand dieser Grundsätze vorab eine Prognoseberechnung durchführen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 22.04.2009, 9 K 162/07