Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
5.1 Grundsatz
Einnahmen im Bereich der Überschusseinkünfte und Betriebseinnahmen bei durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelten Gewinneinkünften sind in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Einnahmen sind dann zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Dies ist z. B. der Fall
- bei Banküberweisung, Geldüberweisung durch Zahlkarte oder Postgiro im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Steuerpflichtigen,
- bei Zahlung per Scheck mit Entgegennahme, wenn die bezogene Bank im Fall der sofortigen Vorlage den Scheckbetrag auszahlen oder gutschreiben würde und der sofortigen Vorlage keine zivilrechtlichen Abreden entgegenstehen,
- bei zahlungshalber geleistetem Wechsel mit Einlösung oder Diskontierung,
- bei Abtretung einer Forderung an Zahlungs statt im Zeitpunkt der Abtretung,
- bei Aufrechnung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnungserklärung (Zugang der Erklärung beim Schuldner) sowie
- im Fall der Schuldumschaffung (Novation), wenn der Zahlungsverpflichtete zur Auszahlung fähig gewesen wäre.
5.2 Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen
Von dem Grundsatz, dass Einnahmen im Veranlagungszeitraum des tatsächlichen Zuflusses zu versteuern sind, gibt es eine gesetzlich festgelegte Ausnahme. Danach müssen regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, im Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit erfasst werden. Die Anwendung dieser Ausnahmeregelung setzt im Einzelnen voraus:
- Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen aufgrund eines Dauerschuldverhältnisses, z. B. Löhne, Gehälter, Mieten, Pachten, Zinsen, Renten etc.;
- Fälligkeit kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit. Als "kurze Zeit" ist i. d. R. ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen, d. h. der Zeitraum vom 22.12.–10.1. des Folgejahres; eine Verlängerung des 10-Tage-Zeitraums kommt auch im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht in Betracht.
- Zufluss kurze Zeit nach Ende bzw. vor Beginn des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit.
Zufluss von Miete
Steuerpflichtiger D hat eine Eigentumswohnung für monatlich 800 EUR vermietet. Die Miete ist vorschüssig jeweils zum Monatsbeginn fällig. Der Mieter überweist die Januarmiete 2019 bereits am 28.12.2018.
Auch hier kommt die Ausnahmeregelung zur Anwendung, d. h., D muss die Januarmiete 2019, obwohl er sie tatsächlich bereits in 2018 erhalten hat, erst in 2019 (dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit) versteuern.
5.3 Weitere Besonderheiten
Zuflussbesonderheiten ergeben sich bei laufendem Arbeitslohn, der in dem Kalenderjahr als bezogen gilt, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Arbeitslohn fließt nicht bereits durch die Einräumung eines Anspruchs gegen den Arbeitgeber zu, sondern erst durch dessen Erfüllung.
Aufteilung von Vorauszahlungen
Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren im Voraus sind vom Zahlenden auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Entsprechend ist der Empfänger der Einnahme nicht zur Sofortversteuerung des im Voraus erhaltenen Betrags verpflichtet, sondern er kann die Einnahmen auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.
Bei Zufluss von Kapitalerträgen ergeben sich weitere Besonderheiten. Aktiendividenden sind bei Aufbewahrung in einem Depot mit Einlösung der Couponabschnitte durch die Depotbank zugeflossen, ansonsten zu dem Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft die Mittel bei den Zahlstellen bereitstellt und die Gesellschafter zur Einreichung der Coupons aufgefordert hat.
Dem beherrschenden Gesellschafter oder Alleingesellschafter einer GmbH fließen die Gewinnanteile bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit zu, es sei denn, die Gesellschaft ist zahlungsunfähig.
Die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft ist auch dann gegeben, wenn diese zwar mangels eigener Liquidität die von ihr zu erbringende Ausschüttung...