Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Der Unternehmer kann, solange er keiner gesetzlichen Buchführungspflicht unterliegt, zwischen der Einnahmen-Überschussrechnung und der Buchführung wählen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Gewinnermittlung regelmäßig nach § 4 Abs. 1 EStG erfolgen muss, wenn das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG nicht wirksam ausgeübt wird.
Das Wahlrecht wird allerdings in den Fällen eingeschränkt, in denen der Steuerpflichtige ein im Inland ansässiger atypisch stiller Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft oder englischen Partnership (Personengesellschaft) ist, die im Inland über keine Betriebsstätte verfügt und die ihrerseits aufgrund gesetzlicher Vorschriften bilanzierungspflichtig ist. In diesen Fällen muss auch der Gesellschafter bilanzieren.
2.1 Wahl der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich
Das Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich wird durch die zeitnahe Aufstellung einer Eröffnungsbilanz, die Einrichtung einer kaufmännischen Buchführung und die Erstellung eines Jahresabschlusses ausgeübt.
Wird die Eröffnungsbilanz nicht zeitnah, insbesondere z. B. erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs erstellt, kann der Steuerpflichtige nicht mehr zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich übergehen. Das gilt sogar in Fällen in denen zum Zeitpunkt des beabsichtigten Wechsels zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG weder Vermögen noch Schulden vorhanden sind.
Nicht ausreichend für die Ausübung des Wahlrechts ist die Nutzung einer EDV-Buchführung, die beide Ermittlungsarten beherrscht, wenn keine zeitnah aufgestellte Eröffnungsbilanz vorhanden ist.
2.2 Art der Bekanntgabe
Obwohl der Steuerpflichtige sein Wahlrecht bereits am Jahresanfang, nämlich zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums ausüben muss, reicht es aus, wenn er das Finanzamt durch Einreichung des Jahresabschlusses in Form von Bilanz und GuV sowie der Eröffnungsbilanz in Kenntnis setzt.
Wechsel bis zur Steuererklärungsabgabe möglich
Der Unternehmer muss somit zwar zu Beginn des Jahrs, für das er erstmals bilanzieren möchte, eine Eröffnungsbilanz aufstellen, die Buchführung einrichten und Bücher führen, er kann aber bis zur Abgabe der Steuererklärung entscheiden, ob er den Wechsel tatsächlich vollziehen möchte.
2.3 Dokumentation der Entscheidung zur Einnahmen-Überschussrechnung
An die Dokumentation der Wahl zugunsten der Einnahmen-Überschussrechnung sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Schon das Erstellen und Sammeln der Einnahmen- und Ausgabenbelege reicht aus. Insbesondere bei vollständiger und zeitlich fortlaufender Ablage erfüllt eine solche Dokumentation die Funktion von Grundaufzeichnungen, die für die Einnahmen-Überschussrechnung ausreicht. Sind diese Mindestanforderungen nicht erfüllt, gilt der Grundsatz, dass die Gewinnermittlung des Gewinns durch Bestandsvergleich erfolgen muss.
Schätzung durch Bestandsvergleich
Hat der Steuerpflichtige schon keine Mindestaufzeichnungen geführt, dann kann er auch keine ordnungsmäßige Buchführung vorlegen, sodass das Finanzamt berechtigt ist, den Gewinn zu schätzen. Und diese Schätzung erfolgt regelmäßig nach § 4 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich.
2.3.1 Frist für die Ausübung des Wahlrechts
Weder § 4 Abs. 3 EStG noch § 4 Abs. 1 EStG enthalten eine Frist für die Ausübung des Wahlrechts. Beschränkt wird die Ausübung des Wahlrechts durch die Bestandskraft des Steuerbescheids oder die Erstellung eines Jahresabschlusses, denn eine Überschussrechnung kommt danach nicht mehr in Betracht.
Das Wahlrecht kann selbst noch bei der mündlichen Verhandlung vor dem FG ausgeübt werden. Allerdings genügt für die wirksame Ausübung des Wahlrechts eine bloße Erklärung des Steuerpflichtigen nicht, die Vorlage einer Einnahmen-Überschussrechnung ist zwingend erforderlich.
Eine einmal getroffene Wahl kann nachträglich nicht mehr geändert werden. Wer zunächst eine Einnahmen-Überschussrechnung erstellt und aufgrund dieser Gewinnermittlung seine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einreicht, hat sein Wahlrecht ausgeübt.
Aber auch ein bereits dem Finanzamt erklärter Wechsel von der Bilanzierung zur Einnahmen-Überschussrechnung lässt sich nur in Ausnahmefällen zurücknehmen.