Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Wurde mit dem Bau eines Gebäudes ab dem 11.11.1993 begonnen oder das Gebäude erst ab dem 1.1.1998 fertiggestellt, kann eine Option bei der Nutzungsüberlassung von Grundstücken nur nach der einschränkenden Vorschrift des § 9 Abs. 2 UStG in der aktuellen Fassung erfolgen. Eine Option auf die Steuerpflicht ist nur dann möglich, wenn der Mieter bezüglich der ihm gegenüber ausgeführten Leistung voll zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Durchschnittssatzbesteuerte Unternehmer gelten nicht als vorsteuerabzugsberechtigt
Die Finanzverwaltung war früher davon ausgegangen, dass auch durchschnittssatzbesteuerte Unternehmer als "vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer" anzusehen sind. Nachdem der BFH dagegen entschieden hatte, dass die Option einen unmittelbaren Vorsteuerabzug bei dem leistungsempfangenden Unternehmer voraussetzt, hat die Finanzverwaltung ihre großzügigere Rechtsauffassung aufgegeben. Damit kann bei Vermietung und Verpachtung dieser "Neuobjekte" an einen durchschnittssatzbesteuerten Land- und Forstwirt oder einer nach § 23a UStG durchschnittssatzbesteuerten begünstigten Einrichtung nicht mehr auf die Umsatzsteuerpflicht der Vermietung optiert werden. Dies galt bis 31.12.2022 entsprechend für die Leistungen an Unternehmer, die nach § 23 UStG die allgemeinen Durchschnittssätze anwendeten.
Zu den Unternehmern, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, gehören aber Unternehmer, die ihre Umsätze nach den Sondervorschriften für Reiseleistungen i. S. d. § 25 UStG besteuern oder die Umsatzsteuer nach den Vorschriften über die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG ermitteln. In diesen Fällen ergibt sich aus der jeweils bezogenen Eingangsleistung ein unmittelbarer Vorsteuerabzug, soweit dieser nicht nach der jeweiligen Sonderregelung ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Keine Option bei Vermietung an Kleinunternehmer
Bei der Vermietung an einen Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG ist eine Option zur Steuerpflicht bei der Vermietung nicht möglich, da der Kleinunternehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Soweit die Option grundsätzlich nach § 9 Abs. 1 UStG möglich ist, muss geprüft werden, ob und in welchem Umfang der leistende Unternehmer bei Ausführung der in § 9 Abs. 2 UStG aufgeführten Umsätze zur Umsatzsteuer optieren kann. Dabei ist unter Grundstück i. S. dieser Regelung die kleinste wirtschaftliche Einheit des Grundstücks, der einzelne Raum zu verstehen.
Option für einzelne Räume möglich
Vermieter V vermietet an den Zahnarzt Z in einem Neubau (Baujahr 2002) eine Praxis mit insgesamt 10 Räumen. In 4 Räumen dieser Praxis übt Z seine Zahnarztpraxis aus, 2 Räume werden ausschließlich für zahntechnische Leistungen verwendet. 4 Räume der Praxis werden für die Mitarbeiter, Patienten und die Verwaltung genutzt.
Z erbringt mit seinen zahnärztlichen Leistungen steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausschließen. In seiner Tätigkeit als Zahntechniker führt Z steuerpflichtige Umsätze aus, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann V bei der Vermietung der gesamten Praxis grundsätzlich auf die Umsatzsteuer optieren, da er an einen Unternehmer für dessen Unternehmen vermietet. Die Option ist aber nach § 9 Abs. 2 UStG für insgesamt 8 Räume der Praxis ausgeschlossen, da insoweit der Leistungsempfänger die Räume nicht ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Für die 2 Räume, die Z für seine zahntechnischen Umsätze verwendet, kann der Vermieter auf die Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG optieren. Es kann aber nicht allgemein für 2 Räume auf die Steuerfreiheit verzichtet werden, es muss für 2 genau bezeichnete Räume (z. B. anhand eines Grundrisses) auf die Steuerfreiheit verzichtet werden.