Leitsatz
1. Die von einem Leasinggeber dem Leasingnehmer eingeräumte Möglichkeit, den Leasing-Pkw bei Vertragsablauf zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Preis entweder selbst anzukaufen oder einen Dritten als Käufer zu benennen, stellt ein entnahmefähiges betriebliches Wirtschaftsgut dar, wenn die Leasingraten zuvor als Betriebsausgaben abgezogen worden sind.
2. Der Begriff des Wirtschaftsguts setzt nicht voraus, dass es dem Betrieb einen Nutzen für mehrere Jahre bringt (Klarstellung der bisherigen Rechtsprechung).
Normenkette
§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin schloss 1998 mit einer Leasing-GmbH (L) für 3 Jahre einen Finanzierungsleasingvertrag über einen Pkw der Oberklasse. In allen von L abgeschlossenen Verträgen war zwar vertraglich vorgesehen, dass der Leasingnehmer kein Recht habe, den Ankauf zu verlangen. Tatsächlich räumte L am Ende der Vertragslaufzeit allen Vertragspartnern die konkrete Kaufoption zu dem vorher festgelegten Kaufpreis ein, der ca. ein Drittel des Verkehrswerts betrug.
Im Streitfall erwarb nicht die Klägerin, sondern ihr Ehemann (E) 2001 den Pkw zum Preis von 17.000 DM. Dieser nutzte den Pkw in der Folgezeit privat und verkaufte ihn ein Jahr später für 28.700 EUR. Ebenfalls in 2002 erwarb E von L einen Pkw, den die Klägerin unter den gerade beschriebenen Konditionen geleast hatte.
Das FA war der Auffassung, die Klägerin habe dem E die Vorteile aus den Ankaufmöglichkeiten zukommen lassen und damit gewinnerhöhend entnommen. Die Teilwerte der Fahrzeuge hätten im Zeitpunkt des Ablaufs des jeweiligen Leasingvertrags deutlich oberhalb der vereinbarten Kaufpreise gelegen. Wirtschaftlich betrachtet stelle der Vorteil aus der Erwerbsmöglichkeit für die Klägerin ein Korrektiv zu den zu hohen Leasingraten dar. Das FG wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage in diesem Punkt ab (FG Münster, Urteil vom 15.6.2011, 6 K 5167/06 E,G, Haufe-Index 2754154, EFG 2012, 331).
Entscheidung
Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BFH bestätigte die Würdigung des FG, L habe der Klägerin vor Vertragsablauf der jeweiligen Leasingverträge Kaufoptionen eingeräumt, die entnahmefähige Wirtschaftsgüter seien.
Hinweis
Eine Kaufoption kann ein Wirtschaftsgut sein. Durch diese Erkenntnis wird eine Gestaltungsmöglichkeit im Bereich des Leasings von betrieblich genutzten Fahrzeugen, die von dem Vertreter eines Leasingunternehmens in dem finanzgerichtlichen Verfahren mit erstaunlicher Offenheit beschrieben wurde, beendet oder zumindest erschwert.
1. Grob skizziert funktionierte die Gestaltung wie folgt: Aufgrund der Leasingverträge zahlte der Leasingnehmer für das betrieblich genutzte Fahrzeug eine sehr hohe – steuerlich abziehbare – Leasingrate. Dafür erhielt er am Ende der relativ kurzen Vertragszeit ein Andienungsrecht zu einem vorher fixierten äußerst günstigen, weit unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis. Dieses Andienungsrecht konnte auch eine andere Person, z.B. der Ehegatte, ausüben, die dann die Möglichkeit hatte, das günstig erworbene Fahrzeug privat – steuerfrei – zu verkaufen.
2. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Er umfasst zum einen alle Gegenstände i.S. d. § 90 BGB (Sachen und Rechte), darüber hinaus aber auch sonstige Vorteile. Darunter sind tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb zu verstehen, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind.
Das Merkmal der selbstständigen Bewertbarkeit wird üblicherweise weiter dahingehend konkretisiert, dass ein Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde. Dies ist nach Auffassung des BFH bei einer Option, die es ermöglicht, einen Pkw zu etwa 1/3 seines aktuellen Verkehrswerts erwerben zu können, der Fall.
3. Der Umstand, dass die Option als eine bestimmte vermögenswerte und gesondert bewertungsfähige Position nur kurzfristig nutzbar ist, d.h. in ihrer Nutzbarkeit nur auf einen als nicht langfristig bzw. mehrjährig anzusehenden Zeitraum begrenzt ist, steht der Annahme eines Wirtschaftsguts nicht entgegen. Sofern in älteren BFH-Entscheidungen zur Umschreibung des Wirtschaftsguts formuliert wurde, die Aufwendungen müssten dem Kaufmann einen sich über mehrere Wirtschaftsjahre erstreckenden Nutzen bringen, hält der X. Senat daran nicht mehr fest.
4. Es ist nicht notwendig, dass die Option auf einem gegenseitigen Vertrag beruht; auch die durch einseitige Erklärung eingeräumte Option ist ein Wirtschaftsgut, da der mit ihr verbundene Vermögensvorteil realisierbar ist und einen wirtschaftlichen Wert darstellt.
5. Wird eine Option aus dem Betriebsvermögen entnommen, indem z.B. dem Ehegatten deren Ausübung ermöglicht wird, ist die Entnahme dieses nicht aktivierungsfähigen immater...