OFD Hannover, Verfügung v. 8.10.2007, S 0625 - 1 - StO 141

Die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf (§§ 130, 131 AO) sowie Aufhebung und Änderung (z.B. §§ 164 Abs. 2, 165 Abs. 2, 172 ff. AO, § 35b GewStG) von Verwaltungsakten gelten auch während des Einspruchsverfahrens (vgl. § 132 AO). Gleiches gilt für die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach § 129 AO. Das FA kann daher einen angefochtenen Verwaltungsakt auch während eines Einspruchsverfahrens nach den Korrekturvorschriften zurücknehmen, widerrufen, aufheben, ändern oder berichtigen. Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen ein angefochtener Verwaltungsakt korrigiert werden kann, so wird gebeten Folgendes zu beachten:

 

1. Zweckmäßigkeit der Korrektur

1.1 Im Allgemeinen wird eine Korrektur des angefochtenen Verwaltungsaktes, durch die dem Rechtsbehelfsantrag nicht in vollem Umfang entsprochen oder durch die die Steuer erhöht oder ein begünstigender rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen wird (vgl. AEAO zu § 130, Nr. 4), in der Einspruchsentscheidung vorzunehmen sein. Bei einer Verböserung ist § 367 Abs. 2 Satz 2 AO zu beachten.

1.2 Es kann jedoch zweckmäßig sein, den Verwaltungsakt vor einer etwaigen Einspruchsentscheidung zu ändern. Dabei brauchen im Falle der Korrektur zuungunsten des Einspruchsführers die Voraussetzungen für eine Verböserung (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO) zwar nicht gegeben zu sein. Gleichwohl ist dem Einspruchsführer zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben (vgl. AEAO zu § 367, Nr. 2).

Eine vorweggenommene Korrektur empfiehlt sich u.U. in Rechtsbehelfsfällen mit umfangreichem Streitstoff, um das Verfahren auf die streitigen Punkte, deren Klärung voraussichtlich noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird, zu beschränken. Sie kann ferner in Betracht kommen, wenn der Einspruch teilweise begründet, im Übrigen aber noch nicht entscheidungsreif ist und dem Einspruchsführer nicht zugemutet werden kann, auf die Erstattung der unstreitigen Beträge bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung zu warten. Hierfür wird häufig dann ein Bedürfnis bestehen, wenn anschließend das Einspruchsverfahren wegen der verbleibenden Streitpunkte ausgesetzt werden oder ruhen (§ 363 AO) soll. Schließlich kann eine Änderung des angefochtenen Bescheides angebracht sein, wenn dadurch hohe Mehrsteuern (z.B. nach dem Ergebnis einer inzwischen durchgeführten Außenprüfung oder einer Mitteilung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen) schneller festgesetzt werden können. Mehrmalige Änderungen des Bescheids, durch die dem Einspruch nicht abgeholfen wird, sind zu vermeiden.

Vom Erlass eines Teilabhilfebescheides muss nicht deshalb abgesehen werden, weil die Möglichkeit einer Verböserung im weiteren Verfahren nicht ausgeschlossen ist. Mit dem Erlass eines Teilabhilfebescheides hat das FA das ihm in § 367 Abs. 2 Satz 2 AO eingeräumte Recht der Selbstkontrolle nicht verbraucht.

Wegen damit evtl. verbundener verfahrensrechtlicher Unwägbarkeiten ist ein Teilabhilfebescheid nicht zu erlassen, wenn die Einspruchsentscheidung vor Ablauf der Einspruchsfrist des Teilabhilfebescheides ergeht (s. Tz. 2.2 Abs. 4).

Ist der Einspruch von der Rechtsbehelfsstelle zu bearbeiten, so ist sie beim Erlass des Änderungsbescheides zu beteiligen, wenn sie die Änderung nicht selbst veranlasst.

 

2. Verfahren nach Korrektur des angefochtenen Verwaltungsaktes

2.1 Wird dem Einspruch durch Änderungsbescheid abgeholfen, so bedarf es keiner Einspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 2 Satz 3 AO). Abhilfe liegt nur vor, wenn dem Begehren der Sache nach entsprochen wird. Dabei kommt es nur auf das zahlenmäßige Ergebnis, nicht jedoch auf die Gründe der Änderung an. Sind die Einwendungen des Einspruchsführers zwar berechtigt, wird die Steuer aber aus anderen Gründen nicht wie beantragt herabgesetzt oder sogar erhöht, dann erledigt sich der Einspruch nur, wenn der Einspruchsführer zuvor seinen Rechtsbehelfsantrag entsprechend eingeschränkt oder der beabsichtigten Änderung zugestimmt hat.

Unter diesen Voraussetzungen erledigt sich ein Einspruch, der sich gegen einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid richtet, durch einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid auch dann, wenn dieser erneut unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erteilt wird, es sei denn, dass der Einspruchsführer mit dem Einspruch zugleich ausdrücklich die Aufhebung des Vorbehalts begehrt hat.

2.2 Wird der angefochtene Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, wird der neue Verwaltungsakt automatisch Gegenstand des Einspruchsverfahrens (§ 365 Abs. 3 Satz 1 AO). Dies gilt entsprechend, wenn ein Verwaltungsakt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 AO berichtigt wird oder wenn ein Verwaltungsakt an die Stelle des angefochtenen – z.B. wegen eines Bekanntgabemangels – unwirksamen Verwaltungsaktes tritt (§ 365 Abs. 3 Satz 2 AO). Der neue Verwaltungsakt muss aber innerhalb der Festsetzungsfrist wirksam geworden sein.

Zur Vermeidung unnötiger Einsprüche ist die Rechtsbehelfsbelehrung zum geänderten Bescheid mit folgen...

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