Leitsatz
Der Schenker ist zumindest dann im Feststellungsverfahren über die Feststellung des Grundbesitzwerts einspruchsbefugt, wenn er die Schenkungsteuer übernimmt.
Sachverhalt
Eine Mutter schenkte ihrer Tochter unter Nießbrauchsvorbehalt ein Grundstück und erklärte auch die Übernahme der Schenkungsteuer. Gegen die Feststellung des Grundstückswerts legte sie Einspruch ein, da dieser zu hoch festgesetzt worden sei. Der Einspruch wurde als unzulässig verworfen. Das Finanzamt führte an, die Mutter sei nicht rechtsbehelfsbefugt, da § 155 Satz BewG lex specialis zu § 352 AO sei. Einspruchsbefugt sei nur die Person, der der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen sei. Dies sei die Tochter gewesen. Hiergegen erhob die Mutter Klage und führte an, sie sei durchaus rechtsbehelfsbefugt, da sie die Schenkungsteuer übernommen habe.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Das Finanzamt hat zu Unrecht eine Rechtsbehelfsbefugnis der Mutter verneint. Nach § 350 AO ist derjenige einspruchsbefugt, der geltend machen kann, durch einen Verwaltungsakt oder dessen Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies sind grundsätzlich die Adressaten des Verwaltungsakts, es können nach Ansicht des Gerichts aber auch Dritte sein, wenn sie durch den Verwaltungsakt betroffen sind. Im Streitfall ist die Mutter durch den Feststellungsbescheid betroffen, da sie die Schenkungsteuer übernommen hat. Diese Rechtsbehelfsbefugnis ist auch nicht durch Sondernormen des BewG ausgeschlossen. Die Mutter ist Beteiligte i.S.v. § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG. § 155 BewG schränkt den Kreis der Einspruchs- bzw. Klagebefugten i. S. v. § 352 AO und § 48 FGO nicht ein, sondern stellt vielmehr eine Spezialvorschrift im klarstellenden Sinne dar. Demnach hat grundsätzlich jeder Beteiligte im Sinne von § 154 BewG auch eine Einspruchsbefugnis nach § 155 BewG. Insbesondere ist es in der Literatur h.M., dass derjenige, der Steuerschuldner ist, wie hier die Klägerin, stets Rechtsbehelfsbefugnis hat.
Hinweis
Die Entscheidung ist zutreffend. Derjenige, der durch einen Verwaltungsakt betroffen ist, muss auch befugt sein, sich gegen diesen zur Wehr zu setzen. Dies ist ein allgemeiner Grundsatz, der sich bereits aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt. Zwar spricht der Wortlaut des § 155 Abs. 1 BewG nur davon, dass eine Rechtsbehelfsbefugnis lediglich derjenige hat, der Beteiligter am Verfahren wird. Dies ist derjenige, dem der Gegenstand zuzurechnen ist (§ 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG) oder derjenige, der zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert wird (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG). Bei einer engen Wortlautauslegung wäre dies hier die Klägerin nicht gewesen, da sie nicht die Steuererklärung abzugeben hatte. Sie ist hier aber diejenige gewesen, für die die Feststellung Auswirkungen hatte, da sie die Schenkungsteuer übernommen hat (vgl. auch Hartmann, in Gürsching/Stenger, BewG, § 155 BewG Tz. 22). Die enge Auslegung verstieße aber gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Als Lösung wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung auch gegenüber dem Steuerschuldner erfolgen sollte oder die Bekanntgabe auch an diesen vorzunehmen ist. Als Inhaltsadressat wäre er Verfahrensbeteiligter und als solcher nach § 350 AO einspruchsbefugt (Hartmann, in Gürsching/Stenger, BewG., § 155 BewG Tz. 24 f.).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Finanzgericht die Revision zum BFH gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Bremen, Urteil vom 05.08.2010, 1 K 116/09 (5)