OFD Hannover, Verfügung v. 7.2.2005, S 0625 - 40 - StO 141

 

1. Unterbrechung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. die Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots bei Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalter

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. die Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots bei Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wird das anhängige Einspruchsverfahren – analog § 240 Satz 1 bzw. § 240 Satz 2 ZPO – unterbrochen. Die Unterbrechung dauert solange fort, bis das Rechtsbehelfsverfahren nach den für das eröffnete Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen (§ 180 Abs. 2 InsO) oder das (ggf. vorläufige) Insolvenzverfahren aufgehoben wird.

Durch die Anordnung des allgemeinen Verfügungsverbots bei Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unterbrochene Rechtsbehelfsverfahren wegen Insolvenzforderungen können weder vom starken vorläufigen Insolvenzverwalter noch vom FA aufgenommen werden. Insolvenzforderungen können nach § 87 InsO nur durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend gemacht werden. Da dies die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetzt, gibt es während der Zeit der vorläufigen Insolvenzverwaltung keine Möglichkeit, die Insolvenzforderung zu verfolgen, d.h. der Erlass einer Einspruchsentscheidung ist unzulässig.

 

2. Anmeldung der Steuerforderungen zur Insolvenztabelle

Es ist jedoch zu beachten, dass das FA die Steuerforderung daneben, parallel zu den abgabenrechtlichen Vorschriften über die Steuerfestsetzung, im Insolvenzverfahren durch Anmeldung zur Tabelle gemäß §§ 174 ff. InsO geltend machen muss. Je nachdem, wie sich der Insolvenzverwalter bzw. der Insolvenzschuldner im Insolvenzverfahren bzw. der sog. starke vorläufige Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren auf die vom FA zur Tabelle angemeldeten Steuerforderungen einlassen, ergeben sich hieraus Rückwirkungen auf das Steuerfestsetzungs- bzw. Einspruchsverfahren.

 

2.1 Anmeldung zur Insolvenztabelle wird bestritten

2.1.1 Wird dem noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheid im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter widersprochen, wurde aber vom Schuldner bzw. einem sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter noch kein Einspruch eingelegt, erklärt das FA gegenüber dem Insolvenzverwalter die Aufnahme des Steuerrechtsstreits. Das hat zur Folge, dass eine neue Rechtsbehelfsfrist in Gang gesetzt wird, innerhalb derer der Insolvenzverwalter, Einspruch erheben kann. Liegt nach Ablauf der Frist kein Einspruch vor, gilt die angemeldete Forderung mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist als festgestellt.

2.1.2 War vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner bzw. dem sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter Einspruch eingelegt worden, ist das Einspruchsverfahren durch den Insolvenzverwalter aufzunehmen und fortzuführen (§ 85 InsO). Das vom Insolvenzverwalter aufgenommene Einspruchsverfahren ist vom FA weiter zu betreiben. Das Gleiche gilt, wenn die Anmeldung zur Insolvenztabelle vom Insolvenzverwalter bestritten wird, dieser aber seinen Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung trotz Aufforderung durch das FA, innerhalb einer angemessenen Frist nicht zurücknimmt und den Rechtsstreit von sich aus auch nicht aufnimmt.

Das Einspruchsverfahren wird in der Lage bzw. in dem Verfahrensstand fortgesetzt, in dem es bei seiner Unterbrechung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. durch die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbotes im Eröffnungsverfahren zum Stillstand gekommen ist. Gegenstand des Einspruchsverfahrens bleibt der vom Insolvenzschuldner bzw. der vom sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter angefochtene Steuerbescheid. Der Insolvenzverwalter ist befugt, die Änderung oder Aufhebung des Steuerbescheids zu beantragen.

2.1.3 In den Fällen eines bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. bei Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbotes im Eröffnungsverfahren anhängigen Einspruchsverfahrens kommt der Erlass eines (Insolvenz-) Feststellungsbescheids nach § 251 Abs. 3 AO bei bestrittenen, zur Insolvenztabelle angemeldeten Steueransprüchen nicht in Betracht. Dieser ist nur erforderlich, wenn eine vom FA zur Insolvenztabelle angemeldete, jedoch noch nicht festgesetzte und wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. wegen Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbotes im Eröffnungsverfahren auch nicht mehr festsetzbare Steuerforderung bestritten wird oder wenn bei bereits bestandskräftig festgesetzter Steuer die Anmeldung zur Insolvenztabelle bestritten wird.

Kann dem Einspruch in der Sache (Höhe der festgesetzten Steuer) nicht entsprochen werden, ist er durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückzuweisen. Der Tenor der Einspruchsentscheidung kann wie üblich abgefasst werden. Der Insolvenzverwalter ist (in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter) als Einspruchsführer aufzuführen. Ihm ist die Einspruchsentscheidung bekannt zu geben.

Ist dem Einspruch teilweise stattzugeben (Herabsetzung der festgesetzten Steuer), ist – bei Erlass einer Einspruchsentschei...

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