Leitsatz
1. Die Verbindung von Einspruchsverfahren stellt eine Verfahrenshandlung dar, die grundsätzlich nicht isoliert angefochten werden kann. Auf die Frage, ob die Verbindung als Verwaltungsakt einzuordnen ist oder nicht, kommt es insoweit nicht an.
2. Das Steuergeheimnis steht der Offenbarung steuerlicher Verhältnisse eines Beteiligten im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen regelmäßig auch dann nicht entgegen, wenn bereits streitig ist, ob überhaupt die Voraussetzungen für die Durchführung eines solchen Feststellungsverfahrens (hier: Vorliegen einer GbR) gegeben sind.
Normenkette
§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b, Abs. 4 Nr. 1, § 360, § 364 AO, § 114, § 128 Abs. 2 und 3 FGO, § 44a VwGO, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG
Sachverhalt
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Verbindung zweier Einspruchsverfahren, weil die Verbindung zu einer rechtswidrigen Weitergabe von Informationen führe, die dem Steuergeheimnis unterlägen. Das FA hatte eine GbR bestehend aus dem Antragsteller und B angenommen und daher Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erlassen. Sowohl der Antragsteller als auch B legten gegen sämtliche Feststellungsbescheide Einsprüche ein und bestritten die Existenz einer GbR.
Nach Anhörung des Antragstellers verfügte das FA die Verbindung der beiden Einspruchsverfahren und teilte ihm dies mit. Ebenfalls mitgeteilt wurde, dass man dem B Akteneinsicht zunächst in der Weise gewährt habe, dass man ihm Kopien des OFD-Berichts und des Einspruchsschreibens des Antragstellers überlassen habe, dass jedoch in diesen Kopien sämtliche Passagen geschwärzt worden seien, die ausschließlich die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers beträfen.
Gegen diese Verbindung legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte erfolglos beim FA AdV. Sodann beantragte er beim FG, das FA im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 FGO zu verpflichten, "eine Weitergabe von dem Steuergeheimnis unterliegenden Informationen durch Verbindung" der Einspruchsverfahren gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die VZ 2006 bis 2010 "an Dritte, insbesondere an den vermeintlichen Mitgesellschafter ... oder dessen Rechtsberater, hinsichtlich einer (nichtexistenten) GbR" bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zu unterlassen.
Das FG hat den Antrag als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dass die Verbindung der beiden Einspruchsverfahren einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstelle, gegen den ein einstweiliger Rechtsschutz nur im Wege einer AdV erlangt werden könne (Hessisches FG, Beschluss vom 2.3.2020, 7 V 1191/19).
Entscheidung
Der BFH hat die Beschwerde des Antragstellers aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Das FA hatte – gegen den Willen des Antragstellers – zwei Einspruchsverfahren miteinander verbunden. Hintergrund war, dass es von einer GbR, bestehend aus dem Antragsteller und seinem Mitgesellschafter B, ausging; folgerichtig hatte es Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erlassen.
Die AO sieht eine solche Verbindung von Einspruchsverfahren nicht ausdrücklich vor. Diese ersetzt jedoch die gegenseitige Hinzuziehung im Einspruchsverfahren (§ 360 AO). Nach § 360 Abs. 4 AO hätte der jeweils Hinzugezogene dieselben Rechte wie derjenige, der Einspruch eingelegt hat. Im Ergebnis besteht zwischen den beiden Wegen also kein wesentlicher Unterschied; die Verbindung dürfte allerdings effektiver sein, weil dadurch nur ein gemeinsames Einspruchsverfahren vorliegt.
2. Der Antragsteller wollte das im Streitfall verhindern, weil er die Offenbarung seiner steuerlichen Verhältnisse durch den B befürchtete (und eine Weitergabe durch diesen an die Strafverfolgungsbehörden). Er hatte deshalb den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) beantragt.
Damit konnte er keinen Erfolg haben, weil die Verbindung lediglich eine nicht selbstständige Verfahrenshandlung ist. Darunter versteht man regelmäßig Maßnahmen, die z.B. dem Erlass eines Verwaltungsakts vorausgehen und (noch) keine materiell-rechtliche Regelung treffen, sondern diese erst vorbereiten; sie sollen das Verwaltungsverfahren fördern, können es aber nicht abschließen. Als solche ist sie auch nicht selbstständig anfechtbar.
Ob es sich bei der Verbindung um einen Verwaltungsakt nach § 118 AO handelt, sei dagegen nicht maßgeblich. Folgerichtig hat der BFH diese Frage offengelassen. Der BFH hat sich also auch nicht damit auseinandergesetzt, dass die Hinzuziehung nach h.M. einen Verwaltungsakt darstellt (BFH, Urteil vom 20.7.1988, I R 174/85, BFH/NV 1988, 1, Haufe-Index 62049) und die Verbindung die Hinzuziehung ersetzt.
Die Unanfechtbarkeit folge aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, der sowohl § 128 Abs. 2 FGO als auch § 44a VwGO zugrunde liegt, und gelte gleichermaßen auch für das Verwaltungsve...