Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Der Einwendungsausschluss des § 166 AO gilt auch dann, wenn die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist.
Sachverhalt
Die Klägerin wurde als Geschäftsführerin einer GmbH für Steuerschulden der Gesellschaft in Haftung genommen. Die Steuerbescheide wurden formell bestandskräftig, standen aber weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO. Die Klägerin wandte sich sodann gegen die Haftungsbescheide mit der Begründung, die Steuerbescheide seien unrechtmäßig ergangen. § 166 AO gelte hier nicht, da die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt seien.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin kam das Finanzgericht zu der Auffassung, dass der Einwendungsausschluss des § 166 AO auch dann gelte, wenn die der Haftung zugrunde liegende Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt sei. Zur Begründung führte das Gericht aus, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 166 AO komme es allein auf die Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides an, nicht auf die Unabänderbarkeit. Es sei deshalb nicht maßgeblich, ob eine der Änderungsnormen der AO noch greife. Zwar würden einige Finanzgerichte eine abweichende Ansicht vertreten, doch sei nach Ansicht des erkennenden Senats diese andere Ansicht mit dem Wortlaut der Norm nicht vereinbar. Auch die neuere Rechtsprechung des BFH stütze die Ansicht.
Hinweis
Das Urteil ist dazu geeignet, sich noch einmal die Wirkungsweise des § 166 AO vor Augen zu führen. Diese Regelung normiert unter anderem, dass jemand, der als gesetzlicher Vertreter eines Steuerpflichtigen in der Lage gewesen wäre, einen Steuerbescheid anzufechten, dies gegen sich gelten lassen muss. Er kann sich also nicht mehr z.B. gegen einen Haftungsbescheid mit dem Argument wehren, die Steuer, für die gehaftet wird, sei falsch festgesetzt. Hier wäre die Geschäftsführerin als gesetzlicher Vertreter in der Lage gewesen, gegen den Steuerbescheid vorzugehen. Da sie dies offensichtlich nicht getan hat, greift grundsätzlich § 166 AO. Allerdings ist umstritten, was gilt, wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (siehe Frotscher, in Schwarz, AO, § 166 AO Tz. 5). Entgegen der Ansicht des FG Köln ist es wohl so, dass eine solche Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung keine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Steuerfestsetzung begründet. Das FG Köln hat meines Erachtens zu sehr am Wortlaut der Norm argumentiert und den Sinn und Zweck der Regelung nicht berücksichtigt. Es bleibt zu hoffen, dass der BFH eine abweichende Wertung trifft.
Das Aktenzeichen des BFH ist I R 82/11.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 13.10.2011, 13 K 4121/07