Dr. Sandra Müller-Thomczik
Rz. 18
Handelt es sich bei einem Einzelunternehmer um einen Kaufmann, hat dieser zu Beginn seines Handelsgewerbes und dann für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Abschluss zu erstellen, der Bilanz genannt wird. Neben der Bilanz ist darüber hinaus noch eine Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen. Der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaften (und haftungsbeschränkter Personenhandelsgesellschaften) umfasst zusätzlich einen Anhang. Um den Aufstellungsverpflichtungen überhaupt nachkommen zu können, bedarf es der lückenlosen und ordnungsmäßigen Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle des dem Jahresabschluss zugrunde liegenden Geschäftsjahres. Auch deshalb ist jeder Kaufmann grundsätzlich verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine "Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens" ersichtlich zu machen (§ 238 Abs. 1 HGB). Dies wird als Buchführungspflicht bezeichnet.
Rz. 19
Die formelle Anknüpfung der handelsrechtlichen Buchführungspflicht an die Kaufmannseigenschaft wird durch § 241a HGB eingeschränkt. Bestimmte Einzelunternehmer werden darin von der Pflicht zur Buchführung und der Erstellung eines Inventars befreit: In § 241a HGB sind für Einzelunternehmen Größenmerkmale festgelegt, bei deren Unterschreiten auf die Buchführung sowie die Erstellung eines Inventars verzichtet werden kann. Im Ergebnis werden nicht kapitalmarktorientierte Einzelkaufleute mit einem Umsatz von nicht mehr als 500.000 EUR sowie einem Jahresüberschuss von nicht mehr als 50.000 EUR von der handelsrechtlichen Buchführungspflicht befreit. Zu beachten ist, dass die Schwellenwerte des § 241a HGB denen des § 141 Abs. 1 Satz 1 AO entsprechen und somit grundsätzlich einen Gleichlauf zwischen dem Handels- und dem Steuerrecht ermöglichen. Allerdings liegen § 241a HGB und § 141 AO beim handelsrechtlichen Jahresüberschuss bzw. beim steuerlichen Gewinn aus Gewerbebetrieb unterschiedliche Gewinndefinitionen zugrunde. Aus diesem Grund können sich Abweichungen zwischen dem Handels- und dem Steuerrecht ergeben, da der handelsrechtliche Jahresüberschuss und der steuerliche Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht zwangsläufig übereinstimmen.
Rz. 20
In der Bilanz lassen sich die Aktivvermögen (auch: Bruttovermögen) in Anlage- und Umlaufvermögen differenzieren. Gem. § 247 Abs. 2 HGB sind dem Anlagevermögen ausschließlich diejenigen Vermögensgegenstände zuzurechnen, die dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen. Dies sind insbesondere Gebrauchsgüter. Für die Zuordnung zum Anlagevermögen ist die wirtschaftliche Zweckbestimmung durch den bilanzierenden Unternehmer entscheidend.
Diese Zweckbestimmung hängt subjektiv vom Willen des Kaufmanns ab. Allerdings muss sie anhand objektiver Maßstäbe nachvollziehbar sein. Eine Zuordnung kann sich – als objektives Kriterium – ausnahmsweise aber auch schon aus der Art des Guts ergeben. Bspw. sind Grundstücke regelmäßig dem Anlagevermögen zuzurechnen. Das Umlaufvermögen ist hingegen nicht eigenständig definiert. Es lässt sich indes aus der Definition des Anlagevermögens ableiten, da beide Vermögensarten einander ausschließen.
Das Umlaufvermögen umfasst somit all jene Wirtschaftsgüter, die nicht dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen. Charakteristikum des Umlaufvermögens ist die einmalige Nutzung bspw. im Rahmen einer Veräußerung, der Verarbeitung oder des Verbrauchs.
Rz. 21
In der Bilanz wird auf der Passivseite das Eigenkapital (= Reinvermögen) ausgewiesen. Es ergibt sich als Residualgröße aus den Aktiva und – neben dem Eigenkapital – aus den übrigen Passiva.
Einen weiteren Bestandteil der Passiva stellt das Fremdkapital (= Schulden) dar. Dem Fremdkapital sind all jene Beträge zuzurechnen, die in absehbarer Zukunft benötigt werden, um gegenüber Dritten bestehende Verpflichtungen abzudecken, und daher nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen. Eine Schuld ist durch das Vorliegen einer Verpflichtung und einer wirtschaftlichen Belastung sowie ihre Quantifizierbarkeit charakterisiert. Je nachdem, ob die Verpflichtung – dem Bestehen und/oder der Höhe nach – sicher oder unsicher sowie die Quantifizierbarkeit exakt oder nur in einer Bandbreite möglich ist, lassen sich Schulden in Verbindlichkeiten und Rückstellungen differenzieren. Die Schuld stellt folglich den Oberbegriff der Verbindlichkeiten und der Rückstellungen dar. Ist die Verpflichtung dem Grunde und der Höhe nach sicher und zudem exakt zu quantifizieren, handelt es sich um eine Verbindlichkeit. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, handelt es sich um eine Rückstellung. Handelsrechtlich ist der Kreis der zulässigen Rückstellungen in § 249 HGB normiert.
Die Differenzierung der Schulden und ebenso der Passivierungsgrundsatz gelten grundsätzlich auch im Steuerrecht. Allerdings ergeben sich im Detail Unterschiede, die in Rz. 22 ff. erläutert werden.