2.3.1 Hintergrund
Die Verlagerung des Leistungsorts an den (Wohn-)Sitz des Leistungsempfängers führt zu unverhältnismäßigem bürokratischem Aufwand für Unternehmen, die elektronische Dienstleistungen an Verbraucher in verschiedenen EU-Staaten erbringen. Die Unternehmen müssen sich dann grundsätzlich in jedem betroffenen Land umsatzsteuerlich registrieren lassen, Umsatzsteueranmeldungen einreichen und die Umsatzsteuer zum jeweiligen Steuersatz abführen. Dies wäre in der Praxis mit erheblichem bürokratischem Aufwand sowie Kosten verbunden und mangels Praktikabilität kaum umsetzbar.
Eine Lösung für dieses Problem bietet das sog. One-Stop-Shop-Verfahren (OSS), welches die Weiterentwicklung des von 2015 an nutzbaren Mini-One-Stop-Shop-Verfahrens (MOSS) darstellt und dieses zum 1.7.2021 abgelöst hat.
Vorläufer von OSS/MOSS
Bereits vor Einführung des MOSS existierte ein entsprechendes Verfahren mit einer einzelnen Anlaufstelle zur Deklaration in der EU für Drittstaatsunternehmen in Form des "VAT on E-Services non EU".
Mit dem OSS wurde der Anwendungsbereich nun erheblich erweitert und erfasst auch weitere Leistungen, wie Fernverkäufe.
2.3.2 Funktionsweise des OSS
Mit dem OSS wird ein weiterer Schritt in Richtung der europaweiten Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts gegangen. In jedem EU-Mitgliedstaat gibt es nun eine zentrale Registrierungsstelle für Unternehmer, die Leistungen im Gemeinschaftsgebiet erbringen. Nachdem die Unternehmen sich bei einem Mitgliedstaat ihrer Wahl gemeldet haben, können sie alle ihre Umsätze, die unter diese Sonderregelung fallen, gebündelt übermitteln und versteuern. Der Steuersatz richtet sich dabei weiterhin nach dem Mitgliedstaat, in dem der Umsatz zu versteuern ist.
2.3.3 Details des Meldeverfahrens
Adressatenkreis
Mit Inkrafttreten des neuen Verfahrens am 1.7.2021 wurden, falls noch nicht vorhanden, in allen EU-Mitgliedstaaten die Organisationsstrukturen und technischen Voraussetzungen geschaffen. In Deutschland wird das OSS-Verfahren vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) durchgeführt.
Teilnehmen können zum einen Unternehmen, die im Inland ansässig sind und gegen Entgelt Dienstleistungen an Privatpersonen in Mitgliedstaaten der EU erbringen, in denen sie nicht ansässig sind, innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Gegenständen tätigen oder eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung stellen, durch deren Nutzung sie die Lieferung von Gegenständen innerhalb eines Mitgliedstaates durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen unterstützen und deshalb behandelt werden, als ob sie die Gegenstände selbst geliefert hätten.
Zum anderen sind Unternehmen erfasst, die nicht in der EU ansässig sind und als Steuerschuldner Dienstleistungen an Privatpersonen in einem Mitgliedstaat der EU gegen Entgelt erbringen.
Für alle gilt dabei eine Schwelle von 10.000 EUR. Anmelden können sich danach nur Unternehmen, deren Umsatz in der gesamten EU die Schwelle überschreitet. Hintergrund ist, dass Unternehmen seit dem 1.7.2021 bei einem Umsatz über 10.000 EUR auch in allen Ländern der EU steuerpflichtig sind, selbst wenn ein Großteil des Umsatzes in einem einzigen Mitgliedstaat erwirtschaftet wird und in anderen Ländern nur einzelne Verkäufe getätigt werden.
Registrierung
Als Ablösung des MOSS-Verfahrens wurden Unternehmer, die bereits in MOSS registriert waren, automatisch in das neue OSS überführt.
Durch den erweiterten Adressatenkreis können aber auch weitere Unternehmen eine Erst-Registrierung vornehmen. Hierzu ist auf elektronischem Wege ein Antragsformular beim BZSt einzureichen unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Organschaften müssen ihre Teilnahme durch einen Organträger beantragen.
Registrierungsbeginn ist jeweils der erste Tag des Kalenderquartals, das auf die Antragstellung folgt.
Auswahl des Registrierungsbeginns
Bei der Registrierung über das BOP-Portal ist genau auf die Auswahl des Registrierungsbeginns zu achten. Bei der Auswahl "Regelfall" erfolgt die Registrierung erst ab dem auf die Registrierungsanzeige folgenden Quartal. Soll der Beginn der Registrierung davon abweichen, ist die Option "Erstmalige Leistungserbringung" auszuwählen. Die Möglichkeit darüber eine rückwirkende Anmeldung zu erwirken, besteht laut BZSt grds. bis zum 10 Kalendertag des Folgemonats.
Je Kalenderquartal liegt ein Besteuerungszeitraum vor. Eine Änderung von Daten oder auch die Abmeldung vom Verfahren können ebenfalls im Online-Portal vorgenommen werden mit einer Frist von 15 Tagen zum Beginn eines neuen Besteuerungszeitraums.
Pflichten
Mit der Teilnahme am OSS-Verfahren verpflichten sich die Unternehmen zu der fristgerechten Abgabe einer Steuererklärung zum Ende des Monats, an dem das jeweilige Kalenderquartal abläuft. Auch wenn im gegebenen Zeitraum keine Umsätze vorliegen, muss eine Nullmeldung vorgenommen werden.
Selbstverständlich gilt es auch bei der Zahlung der Steuern die Fristen einzuhalten. Diese enden jeweils am Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums folgt. Der abzuführende Betr...