Leitsatz
Reicht das Bestehen einer Diplom-Prüfung mit der Prüfungsnote "sehr gut" allein nicht aus, eine Anstellung in dem Beruf eines Diplom-Psychologen zu finden, so ist die Berufsausbildung nicht bereits mit der Diplom-Prüfung abgeschlossen.
Sachverhalt
Die Tochter des Klägers studierte Psychologie und legte am 5. 11. 2003 die Diplom-Hauptprüfung mit dem Gesamturteil "sehr gut" ab. Da die Tochter im Anschluss an das Studium keine Anstellung als Diplom-Psychologin finden konnte, hat sie im Sommersemester 2004 die Seminare und Vorlesungen "Autogenes Training und Klinische Psychologie" an der Universität besucht um sich zusätzlich für die angestrebte Tätigkeit als Diplom-Psychologin zu qualifizieren. Die Familienkasse hat das für Dezember 2003 bis April 2004 gezahlte Kindergeld zurückgefordert. Im Klageverfahren beantragt der Kläger die Zahlung von Kindergeld für Dezember 2003 bis Oktober 2004, da seine Tochter zur weiteren Qualifizierung bei der Universität eingeschrieben gewesen sei und Vorlesungen sowie Seminare besucht habe.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist dem Kläger Kindergeld für seine Tochter bis einschließlich Oktober 2004 zu gewähren, weil sich die Tochter bis zu diesem Zeitpunkt noch in Berufsausbildung befand. Ausschlaggebend für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Ausbildung für einen Beruf" i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG ist die Zielsetzung des Kindergeldrechts, die kindbedingte Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit der Eltern während der Ausbildung des Kindes zu berücksichtigen. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH muss die Betätigung des Kindes nicht mehr zwingend in einer Ausbildungs- und Studienordnung vorgeschrieben sein. Der steuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung umfasst danach jede Ausbildung für einen künftigen Beruf. In Berufsausbildung befindet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet. Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen handelt, die als Grundlage für die Ausbildung des angestrebten Berufsziels geeignet sind. Die von der Tochter des Klägers ergriffenen Maßnahmen sind nach den vorgenannten Grundsätzen der Berufsausbildung zuzurechnen, mit der Folge, dass dem Kläger bis einschließlich Oktober 2004 Kindergeld zusteht.
Hinweis
Obwohl das FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zugelassen hat, wurde diese bisher nicht eingelegt. Das bedeutet, dass in gleich gelagerten Fällen die Zahlung von Kindergeld nur im Einspruchs- bzw. Klageverfahren erreicht werden kann.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.07.2005, 6 K 2422/04