Leitsatz
Ist Gegenstand der Übereignungsverpflichtung ein unerschlossenes Gründstück und verpflichtet sich der Grundstückverkäufer, der gleichzeitig Erschließungsträger i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB ist, gegenüber dem Erwerber zur Grundstückserschließung nach Maßgabe des mit der Gemeinde geschlossenen Erschließungsvertrags, gehört das vom Erwerber zu zahlende Entgelt für die künftige Erschließung nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 GrEStG, § 123 Abs. 1, § 124 Abs. 1 BauGB
Sachverhalt
Die Kläger erwarben ein beim Kauf noch unerschlossenes Grundstück. Der Verkäufer verpflichtete sich, das Grundstück gem. dem von ihm noch abzuschließenden Erschließungsvertrag mit der Stadt zu erschließen. Dafür hatten die Kläger zusätzlich zum Grundstückskaufpreis 33,39 Euro/qm zu zahlen. Der Verkäufer konnte vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn der Erschließungsvertrag nicht binnen einer bestimmten Frist zustande käme.
FA und FG waren der Ansicht, Erwerbsgegenstand sei das Grundstück in erschlossenem Zustand. Daher gehörten die Erschließungskosten zur Gegenleistung.
Entscheidung
Der BFH rechnete die Abgeltung der Erschließungskosten nicht zur Gegenleistung. Dies begründete er mit der Doppelfunktion des Verkäufers als Veräußerer und Erschließungsträger.
Die Grundstückserschließung bleibe auch dann eine öffentlich-rechtliche Last, wenn sie von einem privaten Erschließungsträger i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB vorgenommen werde. Daher seien die Grundsätze zum einheitlichen Erwerbsgegenstand bei Erwerb eines Grundstücks in künftigem bebautem Zustand nicht übertragbar. Die mit den Klägern getroffene Vereinbarung über die Erschließungskosten regle lediglich die Kostenbeteiligung der Kläger und mache die Erschließung nicht zu einer Leistung des Verkäufers an die Kläger.
Hinweis
Ein bei Abschluss des Kaufvertrags noch unerschlossenes Grundstück kann sowohl in diesem Zustand als auch in dem erst noch zu schaffenden Zustand der Erschließung zum Gegenstand des Erwerbs gemacht werden. Ob das eine oder das andere vereinbart worden ist, ist durch Vertragsauslegung zu ermitteln. Insoweit gelten dieselben Grundsätze wie beim Erwerb eines im Erwerbszeitpunkt noch unbebauten Grundstücks, das auch in einem künftigen bebauten Zustand zum Erwerbsgegenstand gemacht werden kann.
Ist der Veräußerer jedoch zugleich (künftiger) Erschließungsträger i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB, ergibt sich eine von diesen Grundsätzen abweichende Beurteilung aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter des Erschließungsvertrags mit der Kommune und den Besonderheiten der öffentlich-rechtlichen Erschließungslast i.S.d. § 123 Abs. 1 BauGB. Diese Erschließungslast verbleibt nämlich trotz des Erschließungsvertrags bei der Kommune. Das zeigt sich dann, wenn der Erschließungsträger der übernommenen Aufgabe, die Erschließung durchzuführen, nicht nachkommt. Dann aktualisiert sich die Erschließungslast der Kommune, die die Erschließung wieder selbst übernehmen oder vollenden muss (BFH, Urteil vom 15.3.2001, II R 39/99, BStBl II 2002, 93).
Vereinbarungen der Grundstückskäufer mit einem Erschließungsträger über die Abgeltung der Erschließungskosten sind daher immer eigenständiger Natur, und zwar unabhängig davon, ob der Erschließungsträger selbst der Grundstücksveräußerer ist oder nicht. Die Abgeltung ist nicht Teil der Gegenleistung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.3.2007, II R 67/05