Bei der Entlastung eines Geschäftsführers hat die GmbH-Gesellschafterversammlung einen weiten Ermessensspielraum. Anders ausgedrückt: Der Gesellschafterversammlung steht bei der Beurteilung der Frage, ob der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der GmbH die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns angewandt (§ 43 Abs. 1 GmbHG) und jeweils seine unternehmerischen Entscheidungen auch zweckmäßig getroffen hat und ihm deshalb Entlastung erteilt werden soll, eine breite Spanne des Ermessens zu (OLG München, Urteil v. 24.10.1997, 23 U 2392/97).
Sollte sie aber mit der Entlastung auch ein schwerwiegendes satzungs- oder gesetzeswidriges Verhalten des Geschäftsführers billigen, überschreitet sie die Grenzen ihres Ermessens (BGH, Urteil v. 18.10.2004, II ZR 250/02) Die Entlastung des Geschäftsführers kann bereits dann schon als rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung Tatsachen bekannt oder bei sorgfältiger Prüfung erkennbar sind, die möglicherweise einen Schadensersatzanspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer oder auch seine Kündigung begründen könnten (OLG Hamm, Urteil v. 29.6.1992, 8 U 279/91).
Andererseits kann sie auch ohne "nachvollziehbare" Gründe die Entlastung verweigern. Ein derartiger Beschluss ist zwar grundsätzlich anfechtbar. Angefochten werden kann ein Beschluss natürlich nur von einem Gesellschafter. Wegen des großen Ermessensspielraums der Gesellschafter kann ein Beschluss nur dann angefochten werden, wenn er unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der Abwägung der beiderseitigen Interessen ermessensfehlerhaft war. Ein Entlastungsbeschluss kann insbesondere als sittenwidrig unwirksam sein und deswegen angefochten werden, wenn er in Kenntnis schwerer Verfehlungen des Geschäftsführers zulasten der Gläubiger der Gesellschaft gefasst wird.
Die Gesellschafterversammlung darf die Entlastung nur verweigern, wenn ein Grund vorliegt. Dieser Grund ist zu nennen. Verweigert sie die Entlastung mit einem pauschalen Hinweis auf mögliche Pflichtverletzungen des GmbH-Geschäftsführers oder mit Bezug auf eine angebliche Pflichtverletzung, die aber gar nicht vorliegt, kann der GmbH-Geschäftsführer Klage erheben. Aber er kann die Gesellschafterversammlung nicht auf Erteilung der Entlastung verklagen, sondern lediglich eine negative Feststellungsklage erheben. Mit einer negativen Feststellungserklärung wird gerichtlich festgestellt, ob die von der Gesellschaft behauptete Pflichtverletzung vorliegt oder nicht.
Wird einem Geschäftsführer die Entlastung zu Unrecht verweigert, hat er das Recht, sein Amt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung niederzulegen und seinen Dienstvertrag außerordentlich und fristlos zu kündigen. Ist ihm durch die verweigerte Entlastung ein Schaden entstanden, kann er von der GmbH ggf. Schadensersatz verlangen.
Unwirksame Entlastung des Geschäftsführers
Bei einer Entlastung des Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschluss bewirkt diese nur einen Ausschluss der Gesellschaft mit solchen Schadensersatzansprüchen, die für das entlastende Organ – in aller Regel die Gesellschafterversammlung – aufgrund der Rechenschaftslegung samt aller zugänglich gemachter Unterlagen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar waren (OLG München, Urteil v. 22.10.2015, 23 U 4861/14). Im konkreten Fall hatte der GmbH-Geschäftsführer eine Gehaltszahlung an sich und an einen Mit-Geschäftsführer, die er als pflichtwidrig hätte erkennen müssen, nicht verhindert oder unterbunden. Damit haftet er nach § 43 Abs. 2 GmbHG.
Auf einer Gesellschafterversammlung wurde ein Geschäftsführer entlastet. Einer der Gesellschafter fand aber weder die vergangene Geschäftsführung gut, noch wollte er dem Geschäftsführer das Vertrauen für die Zukunft ausgesprochen wissen. Er focht den Entlastungsbeschluss an. Seiner Meinung nach hatte der Geschäftsführer gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung im Gesellschaftsrecht verstoßen.
Der Geschäftsführer hatte nämlich ein Gebäude, das die GmbH gebaut hatte, zusammen mit einem der Gesellschafter (natürlich einem anderen als der, der gegen den Entlastungsbeschluss vorging) von der GmbH "für einen Appel und ein Ei" gekauft und zu einem stolzen Preis an die GmbH zurückvermietet. Das garantierte den beiden natürlich eine schöne Rendite (fast 10 %) und ging zulasten der GmbH und der übrigen Gesellschafter. Klarer Fall von Benachteiligung eines Gesellschafters. Und auch ein klarer Fall, dass der Geschäftsführer – was er vom GmbH-Gesetz her nicht darf – gegen die Interessen der GmbH gehandelt hat. Dies wiederum ist ein Verstoß gegen seine Treuepflicht.
Zwar hat die Gesellschafterversammlung einen breiten Spielraum, wenn es darum geht zu beurteilen, ob ein Geschäftsführer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt hat und ob seine unternehmerischen Entscheidungen zweckmäßig waren. Auf Deutsch: Auch wenn eine Sache mal nach objektiven Maßstäben nicht so "ganz glücklich" gelaufen ist, können ...