Leitsatz
1. Die Vereinbarung und Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts i.S. des § 60 Abs. 1 Nr. 3 EnergieStG richtet sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften.
2. Der Antragsteller hat nachzuweisen, dass der Zahlungsausfall trotz des vereinbarten Eigentumsvorbehalts und der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen der Entlastungsnorm nicht zu vermeiden war.
Normenkette
§ 60 Abs. 1 Nr. 3 EnergieStG, § 323 BGB, § 449 BGB, § 986 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Mineralölgroßhändlerin und stellt ihren Kunden Tankkarten zur Verfügung. Die Tankvorgänge rechnen die Tankstellenbetreiber mit der Klägerin ab, die ihrerseits mit den Tankkarteninhabern abrechnet. Einen solchen Tankkartenvertrag schloss die Klägerin auch mit X ab. Der Abrechnungszeitraum sollte einen halben Monat betragen (Lastschriftverfahren). In den Vertragsbedingungen war ein Eigentumsvorbehalt vereinbart. Nachdem im ersten Halbjahr 2013 zweimal eine Rücklastschrift erfolgte, kam es am 22.11.2013 (Rechnung vom 15.11.2013) erneut zu einer Rücklastschrift. Daraufhin sperrte die Klägerin die Tankkarten und mahnte diese Forderung am 29.11.2013 unter Androhung der gerichtlichen Geltendmachung unter Fristsetzung bis zum 9.12.2013 an (sogenannte letzte Mahnung). Gleichzeitig teilte sie mit weiterem Schreiben vom selben Tag ihrem Kunden X mit, sie mache "hiermit den Eigentumsvorhalt an dem gelieferten Kraftstoff geltend". Nachdem X auch die Rechnung vom 30.11.2013 nicht bezahlt hatte, beantragte die Klägerin am 11.12.2013 einen Mahnbescheid, der am 12.12.2013 erlassen und zwei Tage später zugestellt wurde. In der Folge vorgenommene Vollstreckungsversuche blieben erfolglos. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des X meldete die Klägerin ihre Forderungen zur Tabelle an.
Den Antrag der Klägerin auf Entlastung von der Energiesteuer nach § 60 EnergieStG lehnte das HZA ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 12.11.2018, 11 K 371/17, Haufe-Index 14473169). Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um durch Geltendmachung des unstreitig vereinbarten Eigentumsvorbehalts den Zahlungsausfall wenigstens teilweise zu verhindern.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen zurückgewiesen.
Hinweis
1. Gemäß § 60 Abs. 1 EnergieStG wird dem Verkäufer von nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 versteuerten Energieerzeugnissen auf Antrag für die im Verkaufspreis enthaltene Steuer eine Steuerentlastung gewährt, die beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausfällt, wenn u.a. der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war (Nr. 3). Diese Sonderregelung trägt den besonderen Umständen des Mineralölhandels Rechnung und entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben (BFH, Urteil vom 17.12.2013, VII R 8/12, BFH/NV 2014, 748). Daneben dürften Billigkeitsmaßnahmen (§ 227 AO) nicht in Betracht kommen (so auch Hille/Gallert, ZfZ 2009, 253).
2. Der Eigentumsvorbehalt ist ein zivilrechtliches Sicherungsmittel, dessen Vereinbarung und Geltendmachung sich nach den zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere nach §§ 449, 323 BGB richtet. Obwohl nach dem Wortlaut des § 60 Abs. 1 Nr. 3 EnergieStG nur die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts verlangt wird, muss dieser auch wirksam geltend gemacht werden. Denn nur dadurch kann die Sicherungsfunktion des Eigentumsvorbehalts tatsächlich erfüllt und ein Zahlungsausfall vermieden werden. Der Eigentümer muss daher vom Besitzer die Herausgabe des Mineralöls verlangen.
3. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts richten sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften. Der Verkäufer kann die Sache gemäß § 449 Abs. 2 BGB nur herausverlangen, wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist. Solange er nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist, ist der Vorbehaltskäufer gemäß § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Besitz der Sache berechtigt und kann deren Herausgabe verweigern. Vom Vertrag zurücktreten kann der Verkäufer erst, wenn der Käufer die fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und er ihm erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat (§ 323 Abs. 1 BGB). Daran fehlte es im Streitfall. Die Klägerin hatte im Schreiben vom 29.11.2013 keinen Rücktritt erklärt. Dieser wäre auch nicht wirksam gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt die Nachfrist (9.12.2013) noch nicht abgelaufen war. Einen späteren Rücktritt hat das FG nicht festgestellt.
4. Nun kann man gegen diese restriktive Rechtsprechung einwenden, dass Fälle denkbar sind, in denen die Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts von vornherein aussichtslos ist. Der BFH hat im Streitfall jedoch offengelassen, ob trotz Unterlassen der in § 60 Abs. 1 Nr. 3 EnergieStG genannten Maßnahmen in besonderen Einzelfällen ein Ent...