Leitsatz
1. Durch eine Nutzungsänderung ohne Entnahmeerklärung verlieren ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ihre Eigenschaft als landwirtschaftliches Betriebsvermögen nur, wenn eine eindeutige Entnahmehandlung vorliegt.
2. Ein zuvor zum notwendigen Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehörendes Grundstück scheidet nicht bereits dadurch aus dem Betriebsvermögen aus, dass es als Bauland behandelt wird und im Hinblick auf die geringe Größe und die umliegende Bebauung nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden kann.
3. Die Einführung der Bodengewinnbesteuerung ab 01.07.1970 führte nicht dazu, dass Grundstücke, die zuvor infolge einer Nutzungsänderung vom notwendigen zu gewillkürtem Betriebsvermögen geworden waren, nur aufgrund einer erneuten Widmung Betriebsvermögen bleiben konnten.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, § 13 EStG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte kurz vor Einführung der Bodengewinnbesteuerung im Jahr 1969 aus bisherigem Ackerland 9 Baugrundstücke gemacht und diese bis auf ein Grundstück anschließend veräußert. Auf dem letzten Grundstück errichtete er drei Reihenhäuser, die 1973 fertiggestellt und vermietet wurden. Er gab für die Häuser Erklärungen zur Einheitswertfeststellung von Grundvermögen ab und erklärte die Mieteinkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung. Später reichte er das im Zusammenhang mit der Einführung der Bodengewinnbesteuerung stehende Grund- und Bodenverzeichnis für den landwirtschaftlichen Betrieb beim FA ein. Darin war auch die Reihenhausparzelle enthalten, allerdings unter Ansatz des nach § 55 Abs. 2 EStG für landwirtschaftliche Nutzflächen maßgebenden Pauschalwerts. Dieser Wert wurde seither bilanziert.
Nach dem Tod des Landwirts, dessen Erben neben dem Hoferben auch die Ehefrau und eine Tochter waren, kam das FA nach einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass das Grundstück und die Reihenhäuser bis zum Erbfall gewillkürtes Betriebsvermögen gewesen seien. Soweit nicht der Hoferbe Eigentümer des Grundstücks geworden war, ging das FA von einer Entnahme mit dem Tod des Landwirts aus.
Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2006, 15 K 2167/04 E, Haufe-Index 1621731, EFG 2006, 1499) teilte diese Auffassung nicht. Es war der Meinung, das Grundstück sei mangels ausdrücklichen Widmungsakts nach Einführung der Bodengewinnbesteuerung nicht gewillkürtes Betriebsvermögen geworden.
Entscheidung
Dem folgte der BFH im Ergebnis, aber nicht in der Begründung. Gewillkürtes Betriebsvermögen wäre das Grundstück auch ohne ausdrücklichen Widmungsakt gewesen. Es sei aber durch die Bebauung mit im Privatvermögen errichteten und fremdvermieteten Reihenhäusern entnommen worden. Die Aufnahme des Grundstücks in das landwirtschaftliche Bodenverzeichnis sei als Versehen zu werten.
Hinweis
1. Die Einführung der Bodengewinnbesteuerung liegt schon fast vierzig Jahre zurück (01.07.1970), beschäftigt aber noch immer die FG. Dies wird wohl auch in Zukunft so bleiben, weil immer wieder Streit darüber entstehen wird, ob ein später veräußertes oder wie hier vererbtes Grundstück damals Betriebsvermögen war oder nicht.
Für die Beantwortung dieser Frage gelten im Grundsatz keine Besonderheiten. Wegen der vor dem 01.07.1970 nicht erforderlichen Aufzeichnungen ist der Sachverhalt allerdings meist nur schwer festzustellen.
2. Das hiesige Urteil stellt die Grundsätze dafür zusammen, wie ein bisher landwirtschaftlich genutztes Grundstück entnommen werden kann. Allein die Entstehung von Bauland bewirkt keine Entnahme, nicht einmal dann, wenn das Grundstück wegen umliegender Bebauung überhaupt nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden kann. Denn nach allgemeinen Grundsätzen wird ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens nur dadurch zwangsweise entnommen, dass es notwendiges Privatvermögen wird. Ansonsten setzt eine Entnahme eine Entnahmehandlung und eine Entnahmeerklärung voraus.
3. Die Entnahmeerklärung kann allerdings auch nach bisheriger Rechtsprechung konkludent durch eine Handlung erfolgen, die den Entnahmewillen klar erkennen lässt und mit der alle notwendigen Folgen aus einer Entnahme gezogen werden. Eine solche Handlung sieht der BFH hier in der Errichtung der fremdvermieteten Reihenhäuser "im Privatvermögen", der Abgabe von Einheitswerterklärungen zum Grundvermögen und der Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Darin liegt freilich eine der damaligen Rechtslage geschuldete Besonderheit, denn seit der Einführung der Bodengewinnbesteuerung müssten außerdem auch ein Entnahmegewinn erklärt und der Bilanzposten für den Grund und Boden angepasst werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.05.2009 – IV R 44/06