Leitsatz
1. Die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Pkws, den ein Unternehmer von einem Nichtunternehmer und damit ohne Berechtigung zum Vorsteuerabzug erworben hat, unterliegt nicht der Umsatzbesteuerung.
2. Falls an dem Pkw nach seiner Anschaffung Arbeiten ausgeführt worden sind, die zum Einbau von Bestandteilen geführt haben und für die der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt war, unterliegen bei einer Entnahme des Pkws nur diese Bestandteile der Umsatzbesteuerung (EuGH, Urteil vom 17.5.2001, Rs. C-322 und 323/99, Fischer, Brandenstein).
3. Bestandteile eines Pkws sind diejenigen gelieferten Gegenstände, die
- aufgrund ihres Einbaus in den Pkw ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben und die ferner
- zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt haben.
Nicht dazu gehören sonstige Leistungen (Dienstleistungen) einschließlich derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind.
4. Besteuerungsgrundlage (Bemessungsgrundlage) im Fall einer steuerpflichtigen Entnahme eines Pkws ist der Restwert des Pkws bzw. seiner Bestandteile im Zeitpunkt der Entnahme.
5. Zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in diesen Fällen.
Normenkette
§ 3 Abs. 1b UStG , § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG , § 15a UStG , § 44 Abs. 1 und 4 UStDV , Art. 5 Abs. 6 Satz 1 6. EG-RL , Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b 6. EG-RL , Art. 20 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger, ein selbstständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, erwarb von einem Privatmann einen Pkw ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis. Er ordnete den Pkw in vollem Umfang seinem Unternehmen zu und nutzte ihn unternehmerisch.
Bis zur Entnahme des Pkws in seinen nichtunternehmerischen Bereich ließ der Kläger u.a. einen Katalysator einbauen und die Windschutzscheibe erneuern, jeweils unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs.
Das FA erfasste die Entnahme des gesamten Pkws als steuerbaren und steuerpflichtigen Eigenverbrauch und setzte – ausgehend von dem vom Kläger angegebenen ertragsteuerlichen Entnahmewert – die Umsatzsteuer fest.
Entscheidung
Der BFH hat unter Umsetzung der Vorgaben des EuGH – initiiert durch die Vorlage des BFH – eine steuerpflichtige Entnahme des Pkws bzw. seiner Bestandteile verneint. Er hat offen gelassen, ob der eingebaute Katalysator und die erneuerte Windschutzscheibe als Bestandteile, die eine Entnahmebesteuerung rechtfertigen könnten, anzusehen seien. Jedenfalls sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Entnahme kein Restwert als "Einkaufspreis" der Bestandteile gem. § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG mehr feststellbar.
Soweit noch andere an dem Pkw des Klägers ausgeführte Arbeiten zu einem Vorsteuerabzug geführt hätten, müsse in Umsetzung der EuGH-Vorgaben zwar grundsätzlich die Möglichkeit einer Vorsteuerberichtigung geprüft werden. Ungeachtet der Frage, ob § 15a UStG eine solche Vorsteuerberichtigung überhaupt ermögliche, müsse wegen § 44 Abs. 1 und Abs. 4 UStDV eine Vorsteuerberichtigung ausscheiden.
Hinweis
Beim Entnahme-Eigenverbrauch war bislang im Streit, ob und in welcher Höhe die Entnahme eines ohne Vorsteuerabzug erworbenen Gegenstands einen steuerpflichtigen Entnahme-Eigenverbrauch auslösen konnte. Die Frage stellte sich insbesondere dann, wenn nachträglich im Zusammenhang mit dem Gegenstand Eingangsleistungen anfielen, die zum Vorsteuerabzug berechtigten.
In ihrem sog. Scheibenwischererlass (BMFSchreiben vom 13.5.1994, BStBl I 1994, 298) hat die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass bei Aufwendungen für Wartung, Reparatur und Pflege von mehr als 20 % der ursprünglichen Anschaffungskosten im Zeitraum zwischen Anschaffung und Entnahme im Regelfall ohne nähere Prüfung den Eingang von Bestandteilen in den Gegenstand indizierten. In diesem Fall sollte die Steuerbarkeit der Entnahme den gesamten Gegenstand betreffen.
Auf die Vorlage des BFH hat der EuGH in dem verbundenen Urteil in Sachen Fischer und Brandenstein (BFH-PR 2001, 230) klargestellt, dass nur diejenigen gelieferten Gegenstände als Bestandteile anzusehen seien, die aufgrund ihres nachträglichen Einbaus in den Pkw ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verloren haben.
Der BFH hat diese Vorgabe dahingehend konkretisiert, dass es sich um Gegenstände handeln müsse, die nicht leicht vom Gegenstand, hier des Fahrzeugs, getrennt werden und Gegenstand unabhängiger Geschäfte seien könnten. So seien etwa das eingebaute Autotelefon oder Autoradio kein Bestandteil in diesem Sinn.
Weiterhin sei – so der EuGH weiter – für die Annahme eines Bestandteils erforderlich, dass der eingebaute Gegenstand zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung des Gegenstands geführt habe.
Der BFH hat diese Vorgabe des EuGH dahingehend konkretisiert, dass vor allem bei in einem Pkw eingebauten Gegenständen die Werterhöhung voraussetze, dass diese nicht lediglich zur Werterhaltung des Pkws beitragen. So scheide etwa der Ersatz eines Scheibenwis...