3.1 Bewertung entnommener Wirtschaftsgüter
Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Die Vorschrift bezweckt vor allem, die während der Zugehörigkeit der entnommenen Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen entstandenen stillen Reserven möglichst lückenlos zu erfassen (Gewinnrealisierung). Stille Reserven werden bei einer Veräußerung oder Entnahme durch den grundsätzlichen Ansatz mit dem Teilwert aufgedeckt und als Veräußerungs- oder Entnahmegewinn steuerlich erfasst.
Die in einem entnommenen Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven werden in der Weise steuerrechtlich erfasst, dass der Buchwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt der Entnahme seinem Teilwert gegenübergestellt wird; der Unterschiedsbetrag ist der Entnahmegewinn oder Entnahmeverlust.
Entnahme von nicht aktivierten immateriellen Wirtschaftsgütern
Der Teilwert ist auch anzusetzen, wenn ein immaterielles Wirtschaftsgut entnommen wird, das z. B. wegen des Aktivierungsverbots in § 5 Abs. 2 EStG nicht bilanziert war. Nur bei Berücksichtigung des Teilwerts eines entnommenen immateriellen Wirtschaftsguts kann verhindert werden, dass ein wegen des bestehenden Aktivierungsverbots in der Bilanz nicht ausgewiesenes immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ohne Gewinnverwirklichung entnommen wird, um später dieses Wirtschaftsgut möglicherweise im privaten Bereich nutzbringend zu verwerten.
Häufig lässt sich der Umfang der Entnahmen nur durch Schätzung ermitteln. Für die Sachentnahmen vor allem im Lebensmitteleinzelhandel, im Gastgewerbe, bei Bäckereien und Fleischereien/Metzgereien sind die vom BMF ermittelten Pauschbeträge anzusetzen, sofern der Steuerpflichtige nicht geringere Entnahmen durch Einzelaufzeichnungen nachweist.
Im Gegensatz zu den Gewinnen aus Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe ist der Entnahmegewinn nicht tarif- oder freibetragsbegünstigt.
Buchwertprivileg bei Entnahme von Sachspenden
Von dem Zwang zur Gewinnrealisierung gibt es Ausnahmen. So können Sachspenden wahlweise anstelle des Teilwerts mit dem Buchwert (Buchwertprivileg) entnommen werden, wenn sie unmittelbar im Anschluss an die Entnahme einer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Einrichtung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke i. S. d. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG unentgeltlich überlassen werden.
Der Gesetzgeber verzichtet auf die Versteuerung der im entnommenen Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven, insbesondere um die Spendenbereitschaft zu fördern. Der entsprechende Entnahmewert ist maßgebend für den Abzug der Sachspende als Sonderausgabe.
Entnahme von Nutzungen und Leistungen
Das Buchwertprivileg gilt nicht für die Entnahme von Nutzungen und Leistungen. Es verbleibt hier bei der Bewertung mit den Selbstkosten.
3.2 Bewertung von Aufwandsentnahmen
Werden Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu betriebsfremden Zwecken genutzt oder werden betriebliche Leistungen zu nicht betrieblichen Zwecken in Anspruch genommen, liegen hierin ebenfalls Wertabgaben aus dem betrieblichen Bereich (Aufwandsentnahmen). Für ihre Bewertung gelten folgende Regeln:
3.2.1 Bewertung von Nutzungsentnahmen
Für die Bewertung von Nutzungs-/Leistungsentnahmen trifft § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG keine Aussage. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG regelt daher lediglich die Bewertung der Sachentnahmen. Eine Nutzungsentnahme liegt vor, wenn nicht das Wirtschaftsgut selbst, sondern nur seine Nutzung dem Betrieb zu betriebsfremden Zwecken entnommen wird, z. B. wenn der Betriebsinhaber ein zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut für private Zwecke nutzt. Dabei wird nicht der Wert der Nutzung, sondern der durch sie verursachte Aufwand als entnommen angesehen. Die Aufwendungen, die als Betriebsausgaben das Betriebsergebnis gemindert haben, werden wieder hinzugerechnet.
Dabei ist von den tatsächlichen Selbstkosten, d. h. von dem durch die private Nutzung verursachten Aufwand, auszugehen. Grundlage bilden die auf das Wirtschaftsgut entfallenden Gesamtkosten, die der Betrieb aufwendet; das sind die festen und variablen Kosten mit AfA (ohne Teilwert-AfA) in der als Betriebsausgaben in Anspruch genommenen Höhe – einschließlich Finanzierungskosten - ohne Wert der eigenen Arbeitsleistung. Stille Reserven bleiben außer Betracht. Die private Nutzung ist sodann regelmäßig mit einem Anteil an den festen und variablen Kosten anzusetzen.