3.1 Entnahmehandlung, schlüssiges Verhalten oder Rechtsvorgang
Eine Entnahme ist durch eine eindeutige Entnahmehandlung, durch schlüssiges Verhalten oder durch einen Rechtsvorgang möglich.
3.1.1 Entnahmehandlung und Entnahmewille
Voraussetzung einer Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen ist grundsätzlich, dass eine Entnahmehandlung vorliegt. Die Entnahme setzt danach das Tätigwerden einer Person, d. h. des Steuerpflichtigen oder desjenigen, der für ihn tätig wird, voraus. Die Entnahmehandlung muss von einem Entnahmewillen getragen sein, d. h. von dem Willen, die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betrieb zu lösen. Der Entnahmewille muss unmissverständlich bekundet werden.
Das Tätigwerden des Steuerpflichtigen wird zumeist darin bestehen, dass das Wirtschaftsgut (Geld, Waren etc.) aus dem betrieblichen Bereich herausgenommen und so schon die äußerliche Beziehung zum Betrieb deutlich aufgehoben wird.
3.1.2 Schlüssiges Verhalten
Entnahmehandlung bedeutet aber nicht, dass der Steuerpflichtige ausdrücklich erklären muss, er wolle eine Entnahme vornehmen. Für die Entnahme genügt ein anderes schlüssiges Verhalten, durch das die Verbindung des Wirtschaftsguts zum Betrieb erkennbar gelöst wird, sodass das Wirtschaftsgut zu notwendigem Privatvermögen wird.
Wo eine Entnahmehandlung rein tatsächlich nicht möglich ist, wie z. B. bei einem Grundstück, genügt die entsprechende Buchung, z. B. Ausbuchung des Grundstücks über das Privatkonto.
Bei buchführenden Steuerpflichtigen bietet die Buchung einen wesentlichen Anhalt, ob und wann ein Wirtschaftsgut entnommen worden ist. Vor allem bei Wirtschaftsgütern des gewillkürten Betriebsvermögens ist regelmäßig die eindeutige Buchung der Entnahme erforderlich.
Einzelunternehmer und – soweit Sonderbetriebsvermögen betroffen ist – Mitunternehmer dürfen Wirtschaftsgüter des gewillkürten Betriebsvermögens jederzeit durch freie Willensentscheidung entnehmen. Für das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft gibt es diese Möglichkeit nicht, weil das Gesamthandsvermögen nur notwendiges Betriebsvermögen oder notwendiges Privatvermögen sein kann.
3.1.3 Rechtsvorgang
In besonders gelagerten Fällen kann auch ein Rechtsvorgang genügen, der das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheiden lässt. Das ist z. B. der Fall, wenn ein bislang zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut durch einen Todes-/Erbfall notwendiges Privatvermögen wird.
Bei dem die Handlung ersetzenden Rechtsvorgang handelt es sich um das Einwirken außersteuerlicher Normen auf den steuerlichen Sachverhalt, wie z. B. erbrechtliche Folgen oder gesellschaftsrechtlich bedingte Veränderungen.
Beispiele für eine Entnahme durch Rechtsvorgang
- Scheidet ein Gesellschafter aus einer OHG durch Tod aus, ohne dass seine Erben in seine Gesellschafterstellung nachrücken, so verlieren Wirtschaftsgüter, die dieser Gesellschafter der OHG pachtweise überlassen hatte und die in den Steuerbilanzen der OHG bisher als Sonderbetriebsvermögen geführt wurden, ihre Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen. Der Vorgang stellt sich als eine Entnahme durch den verstorbenen Gesellschafter dar.
- Hat ein Gewerbetreibender seinem Arbeitnehmer ein Haus zu Wohnzwecken vermietet und beerbt dieser den bisherigen Betriebsinhaber, so wird das Haus, das er weiterhin bewohnt, zum notwendigen Privatvermögen.
3.2 Entnahme bei verbilligter Veräußerung
Die Veräußerung eines Grundstücks z. B. an einen nahen Angehörigen aus privaten Gründen gegen ein unangemessen niedriges Entgelt führt nach § 4 Abs. 1 EStG zu einer vollständigen Realisierung der stillen Reserven. Soweit der Erwerber eine Gegenleistung erbracht hat, sind die stillen Reserven durch Veräußerung und im Übrigen durch Entnahme aufgedeckt.
3.3 Gewinnverwirklichungswille nicht Voraussetzung einer Entnahme
Nicht erforderlich ist der Wille zur Gewinnverwirklichung oder das Bewusstsein einer Gewinnverwirklichung bzw. eine ungefähre Vorstellung über ihr Ausmaß. Ist ein Wirtschaftsgut entnommen worden, treten die an die Entnahme geknüpften einkommensteuerrechtlichen Rechtsfolgen ohne Weiteres ein. Es kommt also nicht darauf an, ob der Wille und das Bewusstsein des Steuerpflichtigen die Rechtsfolge der Gewinnverwirklichung mit umfassen.