In der Regel werden in den Unternehmen bestehende Schwierigkeiten im Umgang mit Entscheidungen durchaus erkannt. Oft sind es die Controller, die sich regelmäßig mit den Folgen der suboptimalen Entscheidungsfindung zu beschäftigen haben und somit direkt mit der Thematik konfrontiert sind. Controller erhalten jedoch nur selten den Auftrag, Entscheidungsstrukturen festzulegen. Ebenso wenig erhalten aber auch Personaler, Organisationsentwickler oder Qualitätsmanager den Auftrag dazu.
Die Geschäftsführung, die die Möglichkeit hat, die Entscheidungsverantwortung zu verändern, erkennt leider häufig den Bedarf nicht oder will manchmal auch nichts verändern, vielleicht auch um die Macht des Entscheidens nicht von sich abzugeben. Das Ergebnis ist, dass sich letztlich niemand um die Optimierung von Entscheidungsprozessen kümmert.
Im Kapitel 3 wurden bereits viele gute Gründe aufgezeigt, dass ein großer Bedarf besteht, sich mit der Professionalisierung der Entscheidungsfindung auseinanderzusetzen. Falls das noch nicht reicht, ist ein weiteres, hilfreiches Mittel, die Kosten von Fehlentscheidungen der Vergangenheit aufzuzeigen. Anbei einige Fälle aus der Praxis, vermutlich werden Sie im eigenen Unternehmen ähnliche Fälle aufzählen können.
Mögliche Formen unprofessioneller Entscheidungen und ihre Folgen
Zu späte Entscheidung
Aufgrund einer monatelang hinausgezögerten Entscheidung der Geschäftsführung kam es zu einem stark verspäteten Markteintritt einer neuen Produktgruppe, was zu einem Verlust von 6 % Marktanteilen führte und 2 Mio. EUR Ergebniseinbuße bewirkte.
Unüberlegte Entscheidung
Die übereilte Annahme eines Auftrags durch den Vertriebsvorstand ohne Einbindung der Entwicklungsabteilung und die daraus hervorgegangenen Lieferprobleme, hatte eine Vertragsstrafe von 0,5 Mio. EUR und viele unzufriedene Kunden zur Folge.
Falsche Personalauswahl
Die Falschbesetzung der Führungsposition des Programm-Managers und die in Folge sehr späte Entscheidung, die Person zu entlassen, hat eine enorme Verzögerung in vielen wichtigen Projekten und starke Demotivation bei den mittleren Führungskräften erzeugt.
Zu rasche Entscheidung
Durch die aufgrund eines Streits aus dem Bauch heraus vorschnell getroffene Entscheidung, den Vertriebspartner mit sofortiger Wirkung zu kündigen, sind wesentliche Kunden in USA verloren gegangen, dies kostete im ersten Jahr 3 Mio. EUR Umsatzeinbuße.
Diese Liste kann beliebig ergänzt werden. Nicht immer müssen es derart gravierend negative Konsequenzen sein. Die Wirkung der Entscheidungsfehler ist im Normalfall auch nicht direkt ersichtlich. Durch die Etablierung eines Entscheidungscontrollings könnte eine Transparenz für die Kosten von Fehlentscheidungen hergestellt werden. Die Erfahrung zeigt, dass das, was gemessen wird, in der Regel auch besser gemanagt wird – im Sinne von "what gets measured gets done".
Vermutlich wird schon allein die Tatsache der Etablierung eines Vorgangs zur Messung des Erfolgs von Entscheidungen eine Verbesserung der Entscheidungen bewirken. Wichtig ist dabei die Notwendigkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, aufzuzeigen und dafür ein breites Commitment herzustellen.
Sensibilisierung des Managements
Durch eine Sichtbarmachung der Kosten von Fehlentscheidungen kann das Management dafür sensibilisiert werden, die Notwendigkeit der Professionalisierung zu erkennen.