Dr. Manuel Gottfreund, Prof. Dr. Markus Häfele
4.1 Bilanzierung beim Erbbauverpflichteten
4.1.1 Erbbaurecht an einem unbebauten Grundstück
Rz. 6
Das rechtliche und wirtschaftliche Eigentum am Grundstück verbleibt nach Bestellung des Erbbaurechts grundsätzlich beim Grundstückseigentümer und ist ihm damit steuerlich nach § 39 Abs. 1 AO zuzurechnen. Es muss, sofern es bei ihm im Betriebsvermögen gehalten wird, bei ihm bilanziert werden. Die typischen Eigentümerrechte, wie Veräußerung des Grundstücks bzw. seine weitere Belastung, verbleiben damit beim Grundstückseigentümer, wenngleich diese Rechte infolge der Belastung mit dem Erbbaurecht wirtschaftlich keine nennenswerte Rolle spielen. Die Belastung mit dem Erbbaurecht rechtfertigt grundsätzlich auch keine Teilwertabschreibung, da die Belastung durch das Erbbaurecht wirtschaftlich durch den Anspruch auf Erbbauzinsen ausgeglichen wird. Eine Teilwertabschreibung kommt allenfalls in Betracht, wenn der gezahlte Erbbauzins den marktüblichen Erbbauzins unterschreitet.
Rz. 7
In besonderen Ausnahmefällen ist es denkbar, dass das Grundstück dem Erbbauberechtigten zugerechnet wird. Derartige Fälle können beispielsweise bei bestimmten Leasinggestaltungen vorliegen, bei denen günstige Optionsmöglichkeiten für den Erbbauberechtigten gegeben sind oder in Fällen, in denen der Erbbauberechtigte auch zivilrechtlicher Eigentümer werden soll, ein Kaufvertrag bereits abgeschlossen ist und der Nutzen- und Lastenwechsel bereits stattgefunden hat.
4.1.2 Erbbaurecht an einem bebauten Grundstück
Rz. 8
Bezüglich der Rechtslage am Grundstück ist auf die Ausführungen unter Rz. 6 f. zu verweisen. Das auf dem Grundstück errichtete Gebäude geht nunmehr in das (zivilrechtliche und) wirtschaftliche Eigentum des Erbbauberechtigten über, da nach § 12 Abs. 1 ErbbauRG das auf dem Erbbaurechtsgrundstück errichtete Gebäude als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts gilt. Die steuerliche Zurechnung des Gebäudes erfolgt damit nach § 39 Abs. 1 AO beim Erbbauberechtigten.
Rz. 9
Der Übergang des Eigentums auf den Erbbauberechtigten führt beim Grundstückseigentümer/dem Erbbaurechtverpflichteten zu einer Veräußerung des Gebäudes. Als Gegenleistung für den Abgang des Gebäudes wird der Grundstückseigentümer entweder eine Einmalzahlung erhalten oder der Verlust wird durch die Zahlung erhöhter Erbbauzinsen ausgeglichen. Sofern eine Einmalzahlung erfolgt, hat der (bilanzierende) Grundstückseigentümer eine gewinnerhöhende Forderung einzustellen, sodass sich in Höhe der Differenz zum Restbuchwert ein Veräußerungsgewinn ergibt.
Rz. 10
Erfolgt die Veräußerung des Gebäudes gegen Zahlung erhöhter Erbbauzinsraten, müssen diese aufgeteilt werden, da sie sich aus einem laufenden Nutzungsentgelt sowie Kaufpreisraten für den (ratenweisen) Erwerb des Grundstücks zusammensetzen. Aus den Kaufpreisraten ist nach bewertungsrechtlichen Grundsätzen der Barwert für die Kaufpreisforderung zu ermitteln. Diese ist dann im Jahr der Bestellung des Erbbaurechts (und damit der Veräußerung des Gebäudes) gewinnerhöhend zu buchen und fortan mit den jährlichen Erbbauzinsen zu verrechnen.
4.2 Behandlung beim Erbbauberechtigten
4.2.1 Erbbaurecht an einem unbebauten Grundstück
Rz. 11
Da der Grund und Boden zivilrechtlich wie steuerlich dem Erbbauverpflichteten zuzurechnen ist, hat der Erbbauberechtigte lediglich nach den §§ 266 Abs. 2 Buchst. A II 1, 246 HGB i. V. m § 5 Abs. 1 EStG das Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht zu bilanzieren.
Rz. 12
Die Bewertung erfolgt, da das Erbbaurecht ein abnutzbares Recht ist, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit den (um die planmäßige Abschreibung verringerten) Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert. Fraglich ist, wie sich die Anschaffungskosten bestimmen, insbesondere die Frage, ob die Erbbauzinsen als Anschaffungskosten des Erbbaurechts gelten. Hierzu hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Erbbauzinsen nicht zu den Anschaffungskosten des Erbbaurechts gehören, sondern Nutzungsentgelt darstellen. Dementsprechend verbleiben als Anschaffungskosten des aktiven Bestandskontos "Erbbaurecht" lediglich die mit dem Erwerb des Erbbaurechts für den Berechtigten verbundenen Anschaffungsnebenkosten im Sinne des § 255 Abs. 1 HGB. Hierzu gehören stets die Grunderwerbsteuer sowie Notar- und Gerichtskosten, evtl. bei Erwerb mithilfe eines Maklers die Maklerprovision. Die sich aus diesen Kosten ergebenden aktivierten Anschaffungskosten werden auf die Laufzeit des Erbbaurechts abgeschrieben. Diese beträgt in der Regel 99 Jahre.