Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 36d
Der Übergang des Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG bewirkt nicht nur die Fortführung der Buchwerte durch den Erwerber, sondern den vollständigen Eintritt des Rechtsnachfolgers in die betriebsbezogene Rechtsstellung des Rechtsvorgängers. Damit tritt der Erwerber aber nur in noch unentwickelte betriebsbezogene Rechtspositionen seines Vorgängers ein, soweit diese in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Wertansätzen der übergegangenen Wirtschaftsgüter stehen. Eine umfassende "Fußstapfentheorie" wird durch § 6 Abs. 3 EStG nicht begündet.
Diese Rechtsgrundsätze wendet der BFH im o. g. Urteil v. 27.5.2020 auf den Erwerb in Abbruchsabsicht im Wege vorweggenommener Erbfolge bei einer Mitunternehmerschaft. Folgender Streitfall:
Der Vater V hielt einen Anteil von 66,6 % an einem Sportgeschäft. Im Jahr 2011 übertrug V im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gem. § 6 Abs. 3 EStG seinen Mitunternehmeranteil sowie ein im Sonderbetriebsvermögen gehaltenes Grundstück mit dem Ladenlokal seinem Sohn S.
S riss das alte Ladenlokal ab und errichtete für das Sportgeschäft einen Neubau. S erklärte die Abrisskosten sowie Abbruchkosten für das Gebäude als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben. Das FA behandelte den Restbuchwert des Gebäudes sowie die Abbruchkosten als Herstellungskosten des Neubaus.
Dem folgte der BFH: "Durch die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG kommt es zu einem zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Rechtsträgerwechsel. Der Kläger beabsichtigte als Rechtsnachfolger nach den unstreitigen Feststellungen bereits im Zeitpunkt des (unentgeltlichen) Erwerbs im Rahmen vorweggenommener Erbfolge, keine betrieblichen Einkünfte mit dem bislang betrieblich genutzten Gebäude zu erzielen, sondern dieses abzubrechen, um ein neues Gebäude zu errichten. Damit bestand ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Abbruch des vom Kläger ungenutzten und nicht zur Einkünfteerzielung verwendeten Gebäudes und der Herstellung des Neubaus. Der Gebäudeabriss war daher maßgeblich durch die neue Zweckbestimmung – Bau eines neuen Gebäudes – veranlasst und stand daher zu diesem in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Dieser enge wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Abbruch des alten und Errichtung des neuen Gebäudes rechtfertigt es, die mit dem Abbruch verbundenen Aufwendungen – ebenso wie den Buchwert des abgebrochenen Gebäudes bei noch vorhandener Werthaltigkeit – als Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts zu behandeln. Entgegen der Ansicht der Kläger gebietet auch der in § 6 Abs. 3 EStG zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke der Betriebskontinuität keinen Anlass dafür, die Grundsätze des Erwerbs in Abbruchabsicht im vorliegenden Fall nicht anzuwenden."