Schlägt der Erbe die Erbschaft aus und erhält er dafür eine Abfindung, dann tritt diese an die Stelle der Erbschaft. Steuertatbestand ist in diesem Fall § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Die Abfindung gilt als vom Erblasser zugewendet. Handelt es sich dabei um ein Grundstück, kommt ggf. der niedrigere Grundstückswert zur Anwendung.
Auch dürfte – sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, die 10 %-ige Steuerbefreiung des § 13d ErbStG greifen.
Die Erbschaftsteuer entsteht dabei im Zeitpunkt der Ausschlagung.
Der die Abfindung zahlende Erbe kann diese als Kosten zur Erlangung des Erwerbs abziehen.
Ausschlagung gegen Abfindung
Der verwitwete Erblasser E hat seine Tochter T zur Alleinerbin eingesetzt. T hat 3 Kinder, K1, K2 und K3. Andere Verwandte sind nicht vorhanden. E verstirbt am 11.2.2024. 3 Wochen später schlägt T die angefallene Erbschaft zugunsten ihrer Kinder aus. Als Ausgleich gewähren ihr diese eine Abfindung.
Mit dem Tod von E fällt die Erbschaft der T an und ist von dieser zunächst als Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern.
Mit der Ausschlagung entfällt zwar die Steuerpflicht der T als Erbin. Da sie aber eine Abfindung erhält, hat sie diese nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.
Die Kinder können die gewährte Abfindung bei der Ermittlung ihres steuerpflichtigen Erwerbs abziehen.
Wird vom Vermächtnisnehmer das angefallene Vermächtnis ausgeschlagen, so gilt Vorgenanntes entsprechend.
Ferner gilt dies auch dann, wenn der Nacherbe die Nacherbschaft gegen Abfindung ausschlägt.
Hinzuweisen sei hier auf die Änderung des Jahressteuergesetz 2020. Hierdurch wird der bisherige Gesetzeswortlaut in § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG "für das die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist" durch die Wörter "das der Vermächtnisnehmer angenommen hat" ersetzt.
Der Grund für die Gesetzesänderung ist wie folgt: Nach dem für das Erbschaftsteuerrecht maßgeblichen Zivilrecht existiert für ein Vermächtnis keine Ausschlagungsfrist. Mit der Änderung wird klargestellt, dass die Abfindung gewährt wird für ein angenommenes Vermächtnis, das wegen der Annahme nicht mehr ausgeschlagen werden kann.
Zeitliche Anwendung
Die geänderte Rechtslage findet auf Erwerbe Anwendung, für die die Erbschaft- oder Schenkungsteuer nach dem 28.12.2020 entsteht.
Erhält der Ausschlagende als Abfindung Betriebsvermögen, so kann er die entsprechenden Verschonungsregelungen nach Auffassung der Finanzverwaltung beanspruchen. Demnach zählt der Erwerb infolge Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft ebenfalls als begünstigter Erwerb von Betriebsvermögen.
Die Verschonungsregelungen sehen hierbei wie folgt aus:
Grundsätzlich gibt es die Regelverschonung von 85 % (§ 13a Abs. 1 ErbStG; siehe auch R E 13a.1 ErbStR 2019) und den gleitenden Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 EUR (§ 13a Abs. 2 ErbStG; siehe auch R E 13a Abs. 2 ErbStR 2019 und H 13a. 3 ErbStH 2019; insbesondere zur maximalen Höhe der Auswirkung des Abzugsbetrags). Darüber hinaus für Erwerber der Steuerklasse II und III die Tarifbegrenzung des § 19a ErbStG; siehe auch R E 19a ErbStR 2019 und H 19a ErbStH 2019).
Alternativ kommt – auf Antrag – die Optionsverschonung des § 13a Abs. 10 ErbStG in Betracht; in Form einer 100 %igen Steuerbefreiung; siehe auch R E 13a.21 ErbStR 2019. Zur Frist für den Antrag auf die Optionsverschonung s. H 13a.21 ErbStH 2019 m. w. N.
Antragstellung auf die Optionsverschonung
Für den Antrag ist aber Folgendes zu beachten (vgl. auch R E 13a.21 Abs 2 ErbStR 2019):
- Der Erwerber muss diesen bei dem für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich oder zur Niederschrift stellen;
- Aus zeitlicher Sicht kann der Erwerber den Antrag bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer stellen;
- Besonders wichtig: Der Antrag kann nach Zugang dieser Willenserklärung beim Erbschaftsteuerfinanzamt nicht mehr widerrufen werden. Dies bedeutet, dass genau geprüft werden muss, ob ein solcher Antrag sinnvoll ist.
Die Regelverschonung bzw. die Optionsverschonung sind jedoch ausgeschlossen, wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens (§ 13 b Abs. 2 ErbStG) den Wert von 26.000.000 EUR überschreitet (R E 13a.1 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2019).
Handelt es sich um eine Familiengesellschaft, dann kommt auch unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorababschlag zur Anwendung (§ 13a Abs. 9 ErbStG). Einzelheiten zu den Voraussetzungen s. auch die R E 13a.20 ErbStR 2019 und H 13a.20 ErbStH 2019. Zum § 13a Abs. 9a ErbStG s. auch die Gleichlautenden Ländererlasse v. 13.9.2021.
Wurde die Schwellengrenze von 26.000.000 EUR aber überschritten, dann kann sich der Erwerber – durch Antrag – zum einen für den verminderten Verschonungsabschlag gem. § 13c ErbStG entscheiden.
Antragstellung
Hier ist zu beachten, dass der Antrag unwiderruflich ist.
In diesem Fall ist eine Verschonungsbedarfsprüfung nach § 28a ErbStG ausgeschlossen.
Auf Antrag des Erwerbers wird ab...