4.1 Was bleibt wie es war
Wie schon im bisherigen Recht gibt es weiterhin eine Regelverschonung von 85 % und eine Optionsverschonung von 100 %; sowie einen gleitenden Abzugsbetrag und einen Entlastungsbetrag. Ferner gibt es nun auch noch ein Abschmelzmodell, einen Erlass und auch eine Stundung. Letztere finden Anwendung, wenn ein sogenannter Schwellenwert überschritten wird.
4.2 Regelverschonung
4.2.1 Allgemeines
Bei der Regelverschonung bleiben 85 % des begünstigten Vermögens nach § 13b Abs. 2 ErbStG steuerfrei. Es zählt hier also nicht das begünstigungsfähige Vermögen gem. § 13b Abs. 1 ErbStG, sondern erst das daraus errechnete begünstigte Vermögen gem. § 13b Abs. 2 ErbStG. Damit unterliegen 15 % immer der Besteuerung.
Regelverschonung
Der Vater V verstirbt und hinterlässt seiner Tochter T einen Betrieb. Dessen begünstigtes Vermögen beträgt 8.900.000 EUR. Verwaltungsvermögen ist nicht vorhanden. Alleinerbin des V ist die T. Zudem ist noch ein unbebautes Grundstück vorhanden (Steuerwert 750.000 EUR). Die T hat keinen Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Die Beerdigungskostenpauschale soll hier aus Vereinfachungsgründen außer Betracht bleiben.
Lösung
Bei T ist die Regelverschonung (85 %) zu berücksichtigen. Dies erfolgt von Amtswegen.
begünstigtes Betriebsvermögen |
8.900.000 EUR |
./. 85 % Verschonungsabschlag |
./. 7.565.000 EUR |
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen |
1.335.000 EUR |
+ sonstiges Vermögen (Steuerwert Grundstück) |
+ 750.000 EUR |
Bereicherung |
2.085.000 EUR |
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG kommt hier aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung.
Die Erbschaftsteuer für Tochter T errechnet sich wie folgt:
Bereicherung |
2.085.000 EUR |
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) |
./. 400.000 EUR |
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) |
1.685.000 EUR |
Erbschaftsteuer T (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) |
320.150 EUR |
Stundung
Für die anfallende Erbschaftsteuer kann aber die Stundungsregelung des § 28 ErbStG beantragt werden, sofern es sich beim Erwerb um einen Erwerb von Todes wegen handelt.
4.2.2 Grenze von 26.000.000 EUR
Der Verschonungsabschlag von 85 % gilt aber nur bis zu einem Wert des Erwerbs von 26.000.000 EUR.
Es wird also eine Prüfschwelle von 26.000.000 EUR für die Verschonung des insgesamt erworbenen begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b ErbStG eingeführt. Diese Grenze stellt eine Freigrenze dar, denn bei ihrem Überschreiten findet keine Verschonung nach § 13a Abs. 1 ErbStG statt. Es kommen vielmehr die Regelungen des § 13c ErbStG und § 28a ErbStG zur Anwendung.
Liegt der Erwerb unterhalb der Prüfschwelle, erhält der Erwerber, wie im bisherigen Recht, im Rahmen der Regelverschonung einen Verschonungsabschlag in Höhe von 85 %.
Die folgenden Beispiele sollen die obigen Ausführungen verdeutlichen. Im Beispiel kommt nur die Rechtslage ab dem 1.7.2016 zur Anwendung, das zweite Beispiel zeigt die Auswirkungen, wenn sich die Anwendungszeiträume überschneiden.
Auswirkungen beim Überschreiten der Prüfschwelle (nur neues Recht)
Schenker S überträgt lebzeitig seiner Tochter T einen Betrieb (im April 2020). Für diesen wurde ein Steuerwert von 16.000.000 EUR festgestellt. Drei Jahre später (im Mai 2023) wendet S der T einen begünstigten GmbH-Anteil (30 %) zu. Der für diesen festgestellte Steuerwert beträgt 16.750.000 EUR. Weder im Betrieb noch in der GmbH befindet sich Verwaltungsvermögen. Bei der ersten Zuwendung stellt T keine Anträge. Nach der zweiten Zuwendung stellt T den Antrag auf Anwendung des § 13c ErbStG.
Lösung
1) Zuwendung im April 2020
T hat begünstigungsfähiges Vermögen erhalten, daher ist der 85 %ige Verschonungsabschlag gem. § 13a Abs. 1 ErbStG von Amts zu berücksichtigen. Der Verschonungsabschlag von 100 % kommt nicht in Betracht, da T keinen entsprechenden Antrag gestellt hat. Das begünstigte Vermögen beträgt hier 16.000.000 EUR. Verwaltungsvermögen ist nicht vorhanden, dadurch ergeben sich keine Auswirkungen. Die Grenze von 26.000.000 EUR nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist ebenfalls nicht überschritten.
Berechnung der Steuer
Es ergibt sich somit die folgende Berechnung, wobei zu beachten ist, dass der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung kommt.
Dies entspricht auch der Bereicherung.
Die Erbschaftsteuer für Tochter T errechnet sich wie folgt:
Bereicherung |
2.400.000 EUR |
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) |
./. 400.000 EUR |
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) |
2.000.000 EUR |
Erbschaftsteuer T (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) |
380.000 EUR |
2) Zuwendung im Mai 2023
Prüfung der Grenze von 26.000.000 EUR
Rechnet man den Erwerb aus 2020 zusammen mit dem Erwerb in 2017 (insgesamt: 32...