Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Nach § 12 Abs. 1 ErbStG ist grundsätzlich der erste Teil des Bewertungsgesetzes (§ 1 – § 16 BewG) anzuwenden, wenn eine Bewertung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer vorzunehmen ist. Dies gilt aber dann nicht, wenn ausdrücklich eine andere Bewertungsvorschrift vorgeschrieben ist.
§ 12 ErbStG als Überleitungsvorschrift zu den Bewertungsvorschriften des BewG
Bei Erwerben, die unter das ErbStG fallen, können die zutreffenden Bewertungsvorschriften des BewG nur aus der Überleitungsvorschrift des § 12 ErbStG abgeleitet werden.
Nach der Vorgabe des § 12 ErbStG ergeben sich die folgenden Bewertungsmöglichkeiten:
2.1 Der gemeine Wert
Als allgemeiner Wert des Bewertungsrechts ist der gemeine Wert immer dann anzuwenden, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist. Es ist der grundsätzliche Bewertungsmaßstab für die Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Nach § 9 Abs. 2 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, dabei sind ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen.
Bei der Ermittlung des gemeinen Werts ist auf den Einzelveräußerungspreis abzustellen, den der Besitzer des Gegenstands auf dem ihm zugänglichen Veräußerungsmarkt erzielen könnte. Als Einzelveräußerungspreis umfasst der gemeine Wert soweit möglich die gesetzliche Umsatzsteuer. Der Einzelveräußerungspreis muss nicht mit einem tatsächlich einmal am Markt erzielten Preis übereinstimmen, allerdings werden tatsächlich erzielte Preise häufig einen Rückschluss auf den gemeinen Wert zulassen.
Der gemeine Wert kommt insbesondere bei den folgenden Vermögensgegenständen zur Anwendung:
- Hausrat
- bewegliche körperliche Gegenstände (z. B. Pkw, Segelboot etc.)
- Sammlungsstücke, Kunstgegenstände
- Schmuck, Münzen
- Sachleistungsansprüche
Hausrat begünstigt nach § 13 ErbStG
Zu beachten ist, dass bei vielen Vermögensgegenständen (z. B. Hausrat, bewegliche körperliche Gegenstände) sachliche Steuerbefreiungen in Abhängigkeit von der Steuerklasse nach § 13 ErbStG gewährt werden.
Soweit es für bestimmte Wirtschaftsgüter allgemein zugängliche Marktpreise gibt (z. B. bei Edelmetall, Goldmünzen etc.) ist die Feststellung des gemeinen Werts ohne Schwierigkeiten möglich. In vielen Fällen wird ein gemeiner Wert aus Verkaufspreisen vergleichbarer Gegenstände abgeleitet werden können.
Gemeiner Wert ableitbar aus feststellbaren Marktpreisen
Bei Fahrzeugen wird sich ein gemeiner Wert aus Veröffentlichungen (z. B. Schwacke-Liste) ableiten lassen. Auch ...