2.5.1 Unentgeltliche Übertragung der Nacherbenanwartschaft
Gibt der Nacherbe nach dem Vorerbfall, aber vor dem Eintritt der Nacherbfolge seine Nacherbenanwartschaft unentgeltlich an einen Dritten weiter, löst das bei ihm keine Erbschaftsteuer aus. Das Gleiche gilt bei der unentgeltlichen Übertragung an den Vorerben. Dieser wird dadurch zivilrechtlich zum Vollerben.
Im Zeitpunkt der Nacherbfolge hat dann der Dritte die Nacherbschaft zu versteuern.
Maßgebend für dessen Versteuerung ist sein Verhältnis zum Vorerben oder zum Erblasser (wenn er den entsprechenden Antrag dazu stellt), nicht dagegen das Verhältnis des Nacherben zu den vorgenannten Personen.
Steht der Dritte zum Vorerben oder Erblasser in einem ungünstigeren Verhältnis als dies beim Nacherben der Fall sein würde, so erweist sich das als nachteilig.
Unentgeltliche Übertragung der Nacherbenanwartschaft
Erblasser E hat angeordnet, dass der Bruder B Vorerbe und die Tochter T Nacherbin sein soll. Der Nacherbfall soll mit dem Tod von B eintreten. T überträgt zu Lebzeiten des B (in 2017) ihre Nacherbenanwartschaft auf ihren nicht ehelichen Lebensgefährten L. B verstirbt 5 Jahre später, d. h. im Februar 2024.
Lösung
Mit der Übertragung der Nacherbanwartschaft kommt es bei T zu keiner Besteuerung. Beim Tod von B tritt nun der Nacherbfall ein. L hat jetzt die Nacherbschaft im Verhältnis des B bzw. E zu versteuern. Die Auswirkungen sind identisch, da L im Verhältnis zu B wie auch E in die Steuerklasse III einzuordnen ist.
2.5.2 Vererbung der Nacherbenanwartschaft
Verstirbt der Nacherbe vor dem Eintritt des Nacherbfalls, aber nach Eintreten des Vorerbfalls, gehört sein Anwartschaftsrecht zivilrechtlich zu seinem Nachlass.
Für die Erbschaftsteuer wird dagegen bestimmt, dass die Anwartschaft nicht zum Nachlass des Nacherben gehört.
Die Vorschrift stellt eine Fiktion dar.
Grund für diese Vorschrift ist, dass eine wirtschaftliche Bereicherung erst mit dem Nacherbfall gegeben ist. Eine Besteuerung des Nacherbschaftsvermögens tritt für die Erben des Nacherben ebenfalls erst zum Zeitpunkt des Nacherbfalls ein; hier dann auch wieder nach den Regeln des § 6 ErbStG.
Vererbung der Nacherbenanwartschaft
Die Witwe W hat ihren Sohn S zum Vorerben eingesetzt. Als Nacherbin ist die Tochter T vorgesehen Der Nacherbfall soll mit dem Tod des Vorerben S eintreten. W verstirbt am 1.12.2021. Kurze Zeit später verstirbt auch T und wird von ihrem Sohn L beerbt (eigenes Vermögen der T ist hier nicht vorhanden). Am 1.2.2024 stirbt der Vorerbe S. Der Nachlass von W hat einen gemeinen Wert i. H. v. 770.000 EUR.
Lösung
Tod der Witwe W
Der Tod der Witwe W führt dazu, dass S einen Erwerb von Todes wegen verwirklicht.
Nach Abzug des persönlichen Freibetrags i. H. v. 400.000 EUR hat S einen steuerpflichtigen Erwerb i. H. v. 370.000 EUR zu versteuern. Aus diesem ergibt sich bei einem Steuersatz von 15 % eine Erbschaftsteuer i. H. v. 55.500 EUR.
Tod der Tochter T
Die Anwartschaft der T auf das Nacherbe gehört bei ihr nicht zum Nachlass, eine Besteuerung tritt für L daher noch nicht ein.
Tod des Vorerben S
Mit dem Tod des S fällt die Vorerbschaft nun dem L an. Hier greifen jetzt die Regeln des § 6 Abs. 2 ErbStG. L hat daher seinen Erwerb grundsätzlich vom Vorerben stammend zu versteuern.
Als Neffe von S ist für L die Steuerklasse II anzuwenden. Der persönliche Freibetrag beläuft sich somit auf 20.000 EUR. Der steuerpflichtige Erwerb von T beträgt demnach 750.000 EUR (gemeiner Wert Nachlass 770.000°EUR abzüglich persönlicher Freibetrag i. H. v. 20.000 EUR). Die Erbschaftsteuer beläuft sich bei einem Steuersatz von 30 % auf 225.000 EUR. L kann hier aber den Antrag stellen, im Verhältnis der W besteuert zu werden. Im Verhältnis zu W kommt ein persönlicher Freibetrag i. H. v. 400.000 EUR zur Geltung. Es gilt hier der Enkelfreibetrag, da die Zwischengeneration vorverstorben ist. Darüber hinaus verringert sich auch der Steuersatz von 30 % auf 15 %.
- Dies hat zur Folge, dass sich die Erbschaftsteuer für T auf 55.500 EUR reduziert (gemeiner Wert Nachlass 770.000 EUR abzüglich persönlicher Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. H. v. 400.000 EUR ergibt einen steuerpflichtigen Erwerb i. H. v. 370.000 EUR). Hierauf ist dann der Steuersatz von 15 % anzuwenden.
2.5.3 Veräußerung des Anwartschaftsrechts
Veräußert der Nacherbe vor dem Eintritt des Nacherbfalls sein Anwartschaftsrecht entweder ganz oder teilweise, dann verwirklicht er vorzeitig den Wert seiner Nacherbschaft. Das erhaltene Entgelt wird dabei als Erwer...