1.1 Allgemeines zur Zugewinngemeinschaft
Ehegatten haben die Möglichkeit, zwischen drei verschiedenen Güterständen zu wählen. Dies sind entweder die Gütertrennung (§ 1414 BGB), die Gütergemeinschaft (§ 1415 BGB – § 1518 BGB) oder die Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB – § 1390 BGB). Letztere wird auch gesetzlicher Güterstand genannt. Für den Güterstand der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft müssen die Ehegatten zwingend einen notariell beurkundeten Vertrag abschließen (§ 1410 BGB). Dagegen tritt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft automatisch bei Eheschließung ein (§ 1363 Abs. 1 BGB).
Getrenntes Vermögen bei der Zugewinngemeinschaft
Leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wird das jeweilige Vermögen der Ehegatten nicht gemeinschaftliches Vermögen (wie man aus dem Begriff Zugewinngemeinschaft schließen könnte), sondern bleibt getrenntes Vermögen.
Erst mit Beendigung der Ehe kommt es zum Ausgleich (§ 1363 Abs. 2 BGB). Während der Zugewinngemeinschaft verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig (§ 1364 BGB). Eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen darf der Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen vornehmen (§ 1365 BGB).
1.2 Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung
1.2.1 Anfangsvermögen
Zum Anfangsvermögen zählt das Vermögen, das ein Ehegatte im Zeitpunkt des Eintritts in den Güterstand besaß (§ 1374 Abs. 1 BGB). Waren auch Verbindlichkeiten vorhanden, so sind diese abzuziehen. Nach § 1374 BGB sind Verbindlichkeiten über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen. Das Anfangsvermögen kann daher auch negativ sein.
Zur Wertermittlung des Anfangsvermögens ist der Wert zugrunde zu legen, den das Vermögen beim Eintritt des Güterstands hatte (§ 1376 Abs. 1 BGB).
Hat ein Ehegatte während der Ehe Erbschaften oder Schenkungen erhalten, so haben diese keine Auswirkung auf die Zugewinnausgleichsforderung. Daher sind sie (nach Abzug von Verbindlichkeiten) dem Anfangsvermögen des jeweiligen Ehegatten hinzuzurechnen (§ 1374 Abs. 2 BGB). Dies gilt aber nicht, soweit dieses Vermögen den Umständen entsprechend zu den Einkünften zu rechnen ist.
Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung bei Anfall einer Erbschaft
Zum Zeitpunkt der Eheschließung hat der Ehemann EM ein Anfangsvermögen in Höhe von 250.000 EUR und die Ehefrau EF ein Anfangsvermögen in Höhe von 40.000 EUR. Das Endvermögen beträgt bei EM 800.000 EUR und bei EF 80.000 EUR. Während der Ehe ist dem EM eine Erbschaft mit einem Wert von 200.000 EUR angefallen (im Endvermögen enthalten).
Lösung:
Zur Ermittlung des Zugewinns für Ehemann EM ist die Erbschaft dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen. Es ergibt sich somit ein Anfangsvermögen in Höhe von 450.000 EUR (250.000 EUR + Erbschaft 200.000 EUR) und ein Zugewinn in Höhe von 350.000 EUR.
Wäre dem EM keine Erbschaft angefallen, käme man zum gleichen Zugewinn. Das Endvermögen verringert sich auf 600.000 EUR (800.000 EUR ./. Erbschaft 200.000 EUR; abzüglich des Anfangsvermögens in Höhe von 250.000 EUR errechnet sich ein Zugewinn in Höhe von 350.000 EUR.
Haben die Ehegatten ein Verzeichnis über das Anfangsvermögen erstellt, besteht im Verhältnis der Ehegatten zueinander die Vermutung, dass dieses richtig ist (§ 1377 Abs. 1 BGB).
Anfangsverzeichnis wurde nicht erstellt
Wurde von den Ehegatten kein Anfangsverzeichnis erstellt, so wird vermutet, dass das Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt (§ 1377 Abs. 3 BGB).
Von der vorgenannten zivilrechtlichen Regelung weicht das Erbschaftsteuerrecht jedoch ab.
1.2.2 Endvermögen
Unter dem Endvermögen wird das Vermögen eines Ehegatten verstanden, welches dieser bei der Beendigung des Güterstands hatte (§ 1375 Abs. 1 BGB). Auch hier gilt, dass vorhandene Schulden über die Höhe des Aktivvermögens abgezogen werden dürfen, das Endvermögen kann also auch negativ sein (§ 1375 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Zur Wertermittlung des Endvermögens ist der Wert zugrunde zu legen, den das Vermögen bei der Beendigung des Güterstands hatte, d. h. der Verkehrswert (§ 1376 Abs. 1 BGB). Dabei ist diese Bewertungsregel dispositiv und dies uneingeschränkt.
Zu beachten ist hier, dass unentgeltliche Zuwendungen, die der Ehegatte nach Eintritt des Güterstands vorgenommen hat, wieder hinzuzurechnen sind (§ 1375 Abs. 2 BGB). Ausgenommen sind Anstandsschenkungen. Gleiches gilt für verschwendetes Vermögen oder bei Handlungen unter der Absicht, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Keine Hinzurechnung bei Zehnjahresfrist
Eine Hinzurechnung unterbleibt dagegen, wenn die Zuwendung mindestens 10 Jahre vor der Beendigung eingetreten oder der andere Ehegatte mit ihr einverstanden gewesen ist (§ 1375 Abs. 3 BGB).
1.2.3 Zugewinn
Nach § 1373 BGB ist Zugewinn der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen des Ehegatten übersteigt.
Berechnung des Zugewinns
Zum Zeitpunkt der Eheschließung hat der Ehemann EM ein Anfangsvermögen in Höhe von 400.000...