Leitsatz
Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, nach dem sich der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Pensionsanspruch regelmäßig nur erdienen kann, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch ein Zeitraum von mindestens 10 Jahren liegt, gilt sowohl für Erstzusagen einer Versorgungsanwartschaft als auch für nachträgliche Erhöhungen einer bereits erteilten Zusage.
Normenkette
§ 6a, § 4 Abs. 1 S. 1 EStG, § 8 Abs. 3 S. 2 KStG
Sachverhalt
Alleiniger Geschäftsführer einer GmbH war der am 13.10.1939 geborene H, der seit dem Jahr 1987 auch die Hälfte der Geschäftsanteile der GmbH hielt und überdies als Testamentsvollstrecker auf Lebenszeit neben seinen eigenen auch die Gesellschaftsrechte der anderem Hälfte der Geschäftsanteile der GmbH wahrnahm.
H war bereits seit dem Jahr 1966 als Geschäftsführer der GmbH tätig. In 1980 sagte diese ihm eine lebenslange Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahrs i.H.v. 50 % des letzten Bruttogehalts, ferner eine Berufsunfähigkeitsrente und eine Hinterbliebenenversorgung zu. In 1990 wurde das Dienstverhältnis neu geregelt. H hatte danach Anspruch auf Ruhegehalt, wenn er aus den Diensten der GmbH wegen Berufsunfähigkeit oder Vollendung des 65. Lebensjahrs ausschied, und zwar i.H.v. 50 % des ruhegehaltsfähigen Einkommens. Zugesagt wurden außerdem ein Witwengeld i.H.v. 60 % sowie ein Waisengeld i.H.v. 20 % des Ruhegehalts.
Am 17.11.1995 erhöhte die GmbH die monatliche Rente im Versorgungsfall auf 66 % des letzten Bruttomonatsgehalts.
Das FA war der Auffassung, dass H als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen sei. Die Erhöhung der Pensionszusage sei als vGA zu beurteilen, da H sie nicht mehr habe erdienen können. Nach der Rechtsprechung sei dies nur dann der Fall, wenn die vertragliche Dienstzeit nach Erteilung der Zusage noch mindestens 10 Jahre betrage. H habe am 17.11.1995 nur noch 8 Jahre und 11 Monate bis zum Pensionsalter von 65 Jahren ableisten können.
Der anschließenden Klage gab das FG statt (FG Münster, Urteil vom 29.06.2007, 9 K 293/03 K, G, Haufe-Index 1784814, EFG 2007, 1629).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Zeitspanne, die zum Erdienen der Versorgungserhöhung verbleibe, sei zu kurz. Die Erhöhung bedinge deswegen eine vGA. Möglicherweise liege aber einer jener Ausnahmefälle vor, die die Rechtsprechung entwickelt habe (s. unter 2. der Praxis-Hinweise). Das sei noch zu prüfen.
Hinweis
Pensionszusagen von Kapitalgesellschaften sind ersichtlich ein unerschöpfliches (Steuer-)Thema …
1. Dieses Mal traf es wieder die sog. Erdienensdauer, derer es nach der ständigen Rechtsprechung bedarf, um verbindliche Sofortzusagen in höherem Alter des Versorgungsberechtigten auszuschließen. Das gelingt, wenn man das Mindestzusagealter auf das 65. Lebensjahr bestimmt und den besagten Zeitraum, in welchem die Pension noch erdient werden kann, mit mindestens 10 Jahren taxiert.
Daran hält der BFH fest.
2. Fraglich ist, ob dieser Zeitraum neu zu laufen beginnt, wenn die zunächst gegebene Zusage später erhöht wird. Antwort des BFH: Im Grundsatz ja.
Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen ebenso wie bei einer erstmaligen Zusage der besonderen Begründung, etwa wenn dem Geschäftsführer ein Festbetrag als Pension zugesagt wurde, der sich infolge erheblicher Steigerung der Lebenshaltungskosten nunmehr zur Alterssicherung als unzureichend erweist, oder für den Fall, dass der Geschäftsführer nicht anderweitig eine angemessene Altersversorgung aufbauen konnte.
3.Die Praxis ist gut beraten, sich daran zu halten. Bei einer dynamischen Pensionszusage lässt sich auch alternativ schlicht daran denken, die laufende Vergütung, das sog. Aktivgehalt, (angemessen) zu erhöhen – die nachfolgende Erhöhung auch der Versorgungsanwartschaft ergibt sich dann automatisch. Bei alldem gilt es naturgemäß, auch die Frage der Überversorgung stets im Auge zu behalten; mehr als 75 % des letzten Aktivgehalts jeweiligen am Bilanzstichtag darf die Versorgung insgesamt nicht ausmachen; andernfalls droht von dieser Seite steuerlicher Schiffbruch.
4. Die besagte 10-Jahres-Frist gilt als gegriffene, jedoch gewissermaßen "eingebürgerte" Größe. Sie ist deswegen gleichsam "gesetzt". Dass sie ursprünglich in Anlehnung an die Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 BetrAVGa.F. entwickelt wurde und dass jene Fristen seitdem (in § 1b BetrAVG) radikal auf 5 Jahre verkürzt bzw. – im Fall einer Barlohnumwandlung – sogar auf null abgesenkt worden sind, ändert daran nichts. Es geht bei der Erdienensdauer nicht um den Eintritt der Unverfallbarkeit. Und das hat zu Folge, dass es bei den "gegriffenen" 10 Jahren unbeschadet der Gesetzesänderung im BetrAVG verbleibt.
Das bedeutet zugleich, dass auch die frühere Alternativ-Unverfallbarkeitsfrist nach § 1 Abs. 1 BetrAVG a.F. – nämlich dass der Beginn der Betriebszugehörigkeit des Anwartschaftsbegünstigten mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Versorgu...