Rz. 7
Nach heutiger Rechtsprechung des BFH wird der Gewinnanteil des Mitunternehmers gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nach der additiven Methode ermittelt (sog. 2-"stufige Gewinnermittlung"). Diese Methode kann ursprünglich auf Schmidt zurückgeführt werden. Danach werden die Gewinnanteile des Mitunternehmers aus der Steuerbilanz getrennt von den Ergebnissen der Sonderbilanzen und Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter ermittelt und anschließend addiert. Diese Summe, die man auch "additive Gesamtbilanz" nennt, kann in ihrer Gesamtheit auch Gegenstand einer Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG sein.
Auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung wird dem Gesellschafter sein jeweiliger Gewinnanteil aus dem Gesellschaftsvermögen nach einem Verteilungsschlüssel zugerechnet. Grundsätzlich muss dieser Verteilungsschlüssel der handelsrechtliche Gewinnverteilungsschlüssel sein, der sich entweder aus dem Gesetz oder aus dem Gesellschaftervertrag ergibt. Das Ergebnis aus Ergänzungsbilanzen wird auf der 1. Stufe der Gewinnermittlung explizit einbezogen.
Mit der Hilfe von Ergänzungsbilanzen können Erfolgsbeiträge mit Bezug zum Mitunternehmer ermittelt werden, die dessen Gewinn- oder Verlustanteil aus der Steuerbilanz modifizieren und zu gewerblichen Einkünften aus der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft führen. Die bilanziellen Besonderheiten, die auf Ebene der Mitunternehmer entstehen, sollen außerhalb der Steuerbilanz bilanziell erfasst werden, damit diese hiervon "freigehalten" wird. Der Anteil eines Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvermögen und das Ergebnis der Wertkorrekturrechnung ergeben zusammen den Gewinnanteil i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Halbsatz EStG.
Eine Berücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens und der hieraus resultierenden Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben erfolgt erst auf der 2. Stufe der Gewinnermittlung. Diese Trennung der beiden Gewinnermittlungsstufen liegt darin begründet, dass die Steuertatbestände auf den beiden Stufen von unterschiedlichen Steuersubjekten erfüllt werden; während beim Gewinn der Gesellschaft die Personengesellschaft den Steuertatbestand erfüllt, ist dies bei den Sondervergütungen der Gesellschafter selbst.
Auf der 1. Stufe erfolgt grundsätzlich eine steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, die nun – sofern der Tatbestand des Sonderbetriebsvermögens erfüllt ist – auf der 2. Stufe rückgängig gemacht wird. So stellen bspw. die Zinszahlungen für ein Darlehen, das der Gesellschafter seiner Gesellschaft zur Verfügung gestellt hat, bei der Gesellschaft Betriebsausgaben dar und mindern folglich den Gewinn. Mittelbar werden solche Rechtsverhältnisse aber insofern nicht anerkannt, als auf der 2. Stufe eine Hinzurechnung der Vergütungen zu dem Gewinnanteil des Gesellschafters erfolgt.
Der Gewinnanteil aus Stufe I und der Erfolg aus dem Sonderbetrieb in Stufe II werden zusammengerechnet und bilden die gewerblichen Einkünfte des Mitunternehmers i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Teilweise wird in der Literatur die Zusammenfassung der Steuerbilanz, der Ergänzungsbilanzen und der Sonderbilanzen zu einer Gesamtbilanz erwähnt. Diese enthält das gesamte steuerrechtlich relevante Betriebsvermögen. Knobbe-Keuk weist darauf hin, dass für eine solche Gesamtbilanz keine gesetzliche Grundlage besteht; schließlich würde § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keinen Anhaltspunkt für eine Gesamtbilanz beinhalten, sondern ausschließlich von den Einkünften des Gesellschafters handeln. Nach Geschwendtner hat die Gesamtbilanz bei der additiven Gewinnermittlung keine wesentliche, eigenständige Bedeutung mehr.
Rz. 8
Es sei angenommen, dass die X/Y-OHG des Beispiels in Rz. 5 zum Ende des Jahres 02 einen steuerlichen Gewinn i. H. v. 30.000 EUR gesamthänderisch erwirtschaftet hat.
Aktiva |
Bilanz X/Y-OHG zum 31.12.02 |
Passiva |
Grund und Boden |
300.000 EUR |
Kapitalkonto X |
300.000 EUR |
Gebäude |
294.000 EUR |
Lfd. Gewinn X |
15.000 EUR |
Fuhrpark |
90.000 EUR |
Kapitalkonto Y |
300.000 EUR |
Sonstige Aktiva |
146.000 EUR |
Lfd. Gewinn Y |
15.000 EUR |
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Sonstige Passiva |
200.000 EUR |
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830.000 EUR |
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830.000 EUR |
Soll |
GuV X/Y-OHG vom 1.1.02 – 31.12.02 |
Haben |
Div. Aufwendungen |
24.000 EUR |
Div. Erträge |
70.000 EUR |
Abschreibungen auf Gebäude |
6.000 EUR |
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Abschreibungen auf Fuhrpark |
10.000 EUR |
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Gewinn |
30.000 EUR |
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70.000 EUR |
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70.000 EUR |
Der Gewinnanteil des jeweiligen Gesellschafters gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ergibt sich, indem der Steuerbilanzgewinn gem. dem Gewinnverteilungsschlüssel auf den Gesellschafter verteilt wird. Dieser beträgt im Beispiel 1 : 1. Zudem sind die Ergebnisse aus den Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter zu berücksichtigen.
Gesellschafter X wird ein Gewinn i. H. v. 15.000 EUR zugewiesen, welcher durch den Mindergewinn aus der Ergänzungsbilanz i. H. v. 1.600 EUR verringert wird (s. Rz. 5). In Stufe I der Gewinnermittlung entfallen auf Gesellschafter X insgesamt 13.400 EUR.
Gesellschafter ...